Social Commerce – Absatzsteigerung durch soziale Medien

Seit Anfang der 2000er Jahre hat sich Social Commerce stufenweise durchgesetzt. Zunächst erprobten einzelne Unternehmen vor allem die Umsetzung marketingstrategischer Ziele wie verstärkte Kundenbindung und Produktwerbung. Mittlerweile hat die Beliebtheit von sozialen Medien einen so hohen Stellenwert erreicht, dass auch kleine und mittlere Unternehmen die Plattformen für den direkten Abverkauf von Produkten einsetzen können.

Was ist Social Commerce?

Technik-Blogger Steve Rubel und der Risikokapitalgeber David Beisel prägten bereits 2005/2006 den Begriff „Social Commerce“. Sie verstanden darunter eine Variante des elektronischen Handels, bei dem die soziale Komponente sowie die Aktivierung potenzieller Kunden durch netzbasierte Kommunikationsformen im Mittelpunkt stehen. Diese Social-Commerce-Definition skizziert im Kern das Konzept eines modernen Empfehlungsmarketings, wie Beisels Äußerung verdeutlicht:
Zitat
„What better way to advertise a product than to have a friend recommend it to you?“
„Was gibt es für einen besseren Weg, ein Produkt zu bewerben, als einen Freund, der es dir empfiehlt?“ (Übers. IONOS)
David Beisel, Quelle: https://genuinevc.com/2005/12/06/the-beginnings-of-social-commerce/
Im Einzelnen spielen beim Social Selling folgende Aspekte eine tragende Rolle:
  • die aktive Beteiligung der Kunden (z. B. durch Kommentare, Likes, Shares)
  • die direkte Einbindung von Kunden in die Herstellung, Gestaltung und Entwicklung von Waren
  • die persönlichen Beziehungen und die Kommunikation der Kunden untereinander – hierbei ist speziell die Mundpropaganda (word of mouth) per medialer Kommunikation (Internet, Messenger, Kommentarfunktion etc.) wichtig; sie trägt beispielsweise zur Multiplikation von Aktionen, Werbebotschaften und Gewinnspielen im Kunden-Netzwerk bei
  • die persönliche und emotionale Beziehung des Kunden zur Marke (teils schon über Jahre und Jahrzehnte gewachsen)
Social Commerce macht sich diese Faktoren zunutze, um mehrere Ziele umzusetzen: Durch Social Talk wird auf Marken und Produkte aufmerksam gemacht. Communities werden rund um die Marke und ihre Produkte aufgebaut und gepflegt, um die Zielgruppe auch dauerhaft zu binden. Zudem sollen Kunden und Interessierte mit Hintergrundwissen über Produkte versorgt und Markenbotschafter durch spezielle Events und Aktionen gewonnen werden. Mit steigender Verbreitung der sozialen Medien wurde ein Ziel immer bedeutender: die Conversion – also die Frage: Wie mache ich aus einer adressierten und interessierten Zielperson einen Kunden, der mein Produkt auch wirklich kauft? Gelingt dies häufig, spricht man von einer hohen Conversion Rate.
Mit den zunehmend ausdifferenzierten sozialen Medien haben sich auch die Marketing-Methoden weiterentwickelt. So wird seit dem Erfolg von Instagram eine konkrete Einzelperson immer wichtiger, zu der die User – teils schon über Jahre – eine (Vertrauens-)Beziehung aufgebaut haben. Nicht selten werden diese Influencer wie Idole verehrt. Der klassische „Störfaktor“ einer Werbung, die sich Konsumenten gegen ihren Willen aufdrängt, tritt dadurch weitgehend in den Hintergrund. Conversions sind so auf viel natürlichere Weise zu erzielen und damit deutlich wahrscheinlicher.
Social Commerce erhöht mit solchen Strategien deutlich die Akzeptanz von Werbung und intensiviert die Beziehung zum Produkt. Die Bereitschaft, sich mit einem Produkt auseinanderzusetzen und es besitzen zu wollen, steigt. Das Kauferlebnis wird durch ein effizientes Involvement emotionaler, es kann direkt und ohne Umwege umgesetzt werden (z. B. durch Shop-Links). Wichtig für eine Kaufentscheidung beim Social Commerce ist ein Vertrauensverhältnis, das in den sozialen Medien durch die spezifische Art der persönlichen Ansprache aufgebaut wird.
Zudem spielt Social Proof eine wichtige Rolle. Nutzer vertrauen auf die Schwarmintelligenz: Was andere Mitglieder der Community gekauft haben und für gut befinden, kann nicht schlecht sein. Liken Mitmenschen ein Produkt oder geben sie in Kommentaren und Kundenbewertungen positive Urteile ab, sind wir schneller von der Richtigkeit unserer Entscheidung überzeugt und kaufen mit gutem Gewissen. Ein Fehlkauf erscheint uns weniger wahrscheinlich. Bei Amazon ist dieses psychologische und soziale Phänomen der Nachahmung besonders deutlich: Produkte, die kaum oder schlecht bewertet sind, stehen weiter hinten in den Suchlisten und werden kaum gekauft. Wer hingegen viel positives Feedback erhält, profitiert von der „sozialen Beweiskraft“ und generiert mehr Umsatz durch Käufe von „Mitläufern“.

Verkaufen über soziale Medien – welche Möglichkeiten und Techniken gibt es?

Heutzutage stehen kleinen und mittleren Unternehmen mehrere soziale Medien zur Verfügung, um Produkte zu bewerben und den Abverkauf technisch und operativ zu realisieren. Die wichtigsten Plattformen für Social Shopping sind: Facebook (gegründet 2004), Twitter (gegründet 2006), Instagram (gegründet 2010) und Pinterest (gegründet 2010).
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Social Commerce auf Facebook

Unternehmen können auf Facebook Produkte und Dienstleistungen direkt anbieten. In der Regel dient eine Fanpage als Ausgangspunkt, auf der Bilder, Grafiken, Videos und Texte platziert werden. Die direkte Interaktion mit Kunden ist ebenso möglich wie die Einbindung von Kauf-Buttons. Im Bereich spezieller E-Commerce-Lösungen sind Dynamic Ads eine wichtige Option. Die dynamischen Banner können automatisch geändert werden, um Inhalte und Werbeaktionen spezifisch für jeden Nutzer anzupassen. Die potenzielle Reichweite solcher Werbemittel ist enorm, da Facebook weltweit von rund 2,4 Milliarden Nutzern pro Monat genutzt wird. Alle Aktivitäten, die primär das Verkaufen auf Facebook fokussieren, werden zum sogenannten f-commerce gezählt.
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Social Commerce auf Instagram

Nach eigenen Angaben hat Instagram mittlerweile über eine Milliarde Nutzer weltweit. Es begann mit Fotos und kurzen Clips auf der Instagram-Pinnwand. Heute kann auch umfangreicheres Storytelling via Instagram Stories oder Instagram TV-App (IGTV) erfolgen. Live-Streams etwa von speziellen Events sind möglich. Beliebte Werbemittel sind Shopping-Ads, Stories-Ads, Video-Ads oder Carousel-Ads zum Swipen. Eine Spezialität ist das Influencer-Marketing. Adressiert wird vor allem die die junge und mobile Generation, 60 Prozent der Nutzer sind zwischen 18 und 24 Jahre alt.
Insbesondere in Lifestyle-Branchen (Entertainment, Mode, Beauty, Design, Nahrungsmittel) wird Instagram genutzt. Die Plattform hat sich in Deutschland bei kleinen und mittelständischen Unternehmen bereits bewährt: 43 Prozent haben laut einer Ipsos-Studie von 2018 ihre Umsätze über den Verkauf über Instagram gesteigert.
Tipp

Social Commerce auf Pinterest

Pinterest, die Online-Pinnwand für Grafiken und Fotografien, vermeldete 2019 weltweit über 300 Millionen Nutzer. Pinterest spricht besonders User an, die gezielt nach Produkten suchen und einen Kauf planen. Häufig präsentiert Pinterest stark ästhetisierte Inhalte zu den Themen Lifestyle und Fashion. Die Bilder (Pins genannt) können direkt mit dem Shop verlinkt werden. 2019 fand in Deutschland der offizielle Roll-out der Pinterest Ads statt. Marketing und das Verkaufen auf Pinterest profitieren seitdem etwa von Carousel- und Video-Pins. Im Social-Media-Mix fungiert Pinterest primär als Traffic-Lieferant und leitet über Ads oft direkt zum Onlineshop. Pinterest-Posts inspirieren vor allem Frauen (in Deutschland zwischen 60 und 70 Prozent), allerdings steigt der Anteil der männlichen Nutzer.
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Social Commerce auf Twitter

Den Kurznachrichtendienst Twitter nutzen weltweit über 330 Millionen monatliche aktive Nutzer. Die Besonderheit der Plattform: Aktualität. Twitter ist für Unternehmen interessant, deren Zielgruppe ebenfalls dort unterwegs ist. Im Speziellen sind das Medien, lokale Anbieter, Serviceunternehmen oder Dienstleister. Links auf den Onlineshop sind hier weit verbreitet. Beliebt ist auch die Einbettung von Videos, die beispielsweise über Kampagnen und Produkte informieren. Nicht alle Unternehmen nutzen Twitter für den direkten Abverkauf, viele betreiben dort in erster Linie eine absatzfördernde Imagepflege. Sie nehmen an Unterhaltungen teil, initiieren selbst via Tweets und Hashtags Gespräche über die Marke und ihre Produkte.

Die 6 Säulen des Social Commerce

Wer in den sozialen Medien agieren und Social Commerce effizient betreiben möchte, sollte sich eine Strategie zurechtlegen. Eine treue Community, die regelmäßig firmeneigene Seiten besucht und häufiger Call-to-Action-Links zum Shop anklickt, muss langfristig aufgebaut werden. Dabei sollte man die tragenden Säulen des Social Commerce beachten:
  1. Relevante Inhalte: Unternehmen sollten Inhalte anbieten, die ihre Kunden wirklich interessieren. Sie sollten qualitativ und optisch hochwertig sowie relevant für die Zielgruppe sein, um im täglichen Kampf um Aufmerksamkeit bestehen zu können. Die Inhalte sollten nicht zu einseitig auf Produkte und die Conversion Rate fokussiert sein. Immer häufiger bieten Social-Commerce-Inhalte auch weitreichendere Mehrwerte für den Kunden, indem sie beispielweise Ratgeberfunktionen erfüllen. In Multichannel-Konzepten, die kanalübergreifend denken, sollten die Inhalte auch plattformspezifisch aufbereitet sein, sich in der Summe ergänzen und Synergieeffekte erzeugen.
     
  2. Community: Die Basis für Social Commerce ist die Community, mit der eine dauerhafte Beziehung eingegangen wird. Unternehmen sollten sich bei der Community-Pflege die Bereitschaft zunutze machen, dass ihre Kunden im Social Web untereinander kommunizieren wollen. Und sie sollten durch die Kommunikation das Engagement und die Aktivitäten einzelner Kunden, aber auch der gesamten Community anregen. Zudem sollten sie jederzeit ansprechbar sein, etwa bei Reklamationen oder Fragen zum Produkt. Dabei sollte die Community-Pflege auf Augenhöhe stattfinden und den zielgruppengerechten Ton finden.
     
  3. Konversation: Indem Unternehmen Gespräche und Aktivitäten in der Community anregen, lernen sie ihre Kunden besser kennen und können in der Folge ihre Produkte verbessern und den Bedürfnissen der Community optimal anpassen. Beispielsweise durch Likes offenbaren sich Vorlieben, auf die zielgenau eingegangen werden kann. Social Commerce kann auch eine Dynamik entwickeln, bei denen Kunden beispielsweise in die Produktentwicklung einbezogen und ihnen dadurch bessere Produkte angeboten werden können. Zudem entstehen viele Ideen und Dienstleistungen erst durch Gespräche.
     
  4. Verbindungen schaffen und verfestigen: Unternehmen sollten selbstbewusst mit dem Instrumentarium der sozialen Medien umgehen, durch gezielte Aktivitäten die Beziehung zwischen Kunden und dem jeweiligen sozialen Netzwerk aktiv mitgestalten und auf Dauer manifestieren. Indem sie zum aktiven Player und Mitgestalter werden, kreieren sie eine substanzielle Basis für Social Commerce. Dabei kann sich diese Basis in einem Multichannel-Konzept über drei Ebenen ausweiten: beruflich (Xing, LinkedIn), sozial (Facebook, Instagram) und informationsbasiert (Twitter).
     
  5. Kontext durch Daten: Social Commerce kann auf eine Datenbasis zurückgreifen, die lang- und kurzfristig erhoben wird. Sie konturiert Kontexte und Gewohnheiten in der realen und virtuellen Welt, die wiederum die Grundlage für gezielte Empfehlungen und Kaufangebote darstellen (Targeting). So stehen dem Sales-Bereich fundierte Daten über das Surfverhalten und über die bisherige Social-Media-Nutzung des potenziellen Kunden zur Verfügung. Durch mobile Geräte lassen sich auch Echtzeit-Ereignisse tracken, sodass z. B. bei einem Besuch in einer fremden Stadt Empfehlungen mit geografischem Bezug möglich sind – auch Geo-Targeting.

    Ein großer Vorteil von Social Commerce auf Datenbasis: Im Gegensatz zur klassischen Werbung (TV, Print) adressiert man kein diffuses Massenpublikum und minimiert Streuverluste. Außerdem wird durch einen datenbasierten Kontext stets der Fokus auf die realen Kundenbedürfnisse gelegt.
     
  6. Innovativer Handel durch Digitalisierung: Social Commerce kann als internetbasierte Sales-Strategie teils andere und weitreichendere Produkte und Dienstleistungen anbieten. Man ist nicht mehr an die klassischen Öffnungszeiten gebunden und kann etwa durch Mailings und Social-Media-Aktionen auch an Wochenenden aktiv werden. Diese neue Flexibilität kann für alle Geschäftsbereiche, also sowohl Business-to-Business (B2B) als auch Business-to-Consumer (B2C), genutzt werden. Musterbeispiel ist der Onlinehändler Amazon, der seine Angebote kontinuierlich mit digitalen Mitteln ausbaut (z. B. Sprach- und Einkaufsassistent Alexa) und über den traditionellen Einzelhandel weit hinausgeht.

10 Empfehlungen für eine erfolgreiche Social-Commerce-Strategie

Wer erfolgreich und nachhaltig Social Commerce betreiben will, sollte sich an folgende Empfehlungen halten:
  1. Lernen Sie die Bedürfnisse der Zielgruppe(n) genau kennen und richten Sie sich danach.
     
  2. Setzen Sie sich mit den sozialen Medien und ihren Besonderheiten auseinander (welche Plattform eignet sich für mein Unternehmen und für welche Ziele am besten). Da es mittlerweile viele Plattformen gibt und sich die Altersgruppen zunehmend auf diese verteilen, muss die Zielgruppenorientierung präzise auf die jeweilige Plattform abgestimmt werden.
     
  3. Denken Sie kanalübergreifend bei der Entwicklung von Social-Commerce-Konzepten (Arbeitsteilung und Synergien durch Multichannel-Strategien).
     
  4. Pflegen Sie auch langfristig den Dialog mit Kunden und Interessierten, denken sie dabei sorgfältig über die Wahl der kommunikativen Mittel nach.
     
  5. Kommunizieren Sie regelmäßig, authentisch, auf Augenhöhe und jederzeit transparent.
     
  6. Investieren sie in die Qualität und in die Mehrwerte ihrer Inhalte.
     
  7. Conversion ja, aber nicht um jeden Preis. Halten Sie bei Ihren Aktivitäten „Social“ und „Commerce“ im Gleichgewicht.
     
  8. Planen Sie von vornherein ein, dass Sie einen gewissen Aufwand betreiben und dauerhaft investieren müssen (z. B. Kanal- und Community-Pflege, Content-Entwicklung, Planung von Multichannel-Kampagnen).
     
  9. Legen Sie sich Deeskalationsstrategien zurecht, die etwa Fehler in der Kommunikation auffangen oder eine umfangreichere Kritik an Produkten oder am gesamten Unternehmen entschärfen.
     
  10. Betreiben Sie eine datenbasierte Evaluation, indem Sie etwa das Kaufverhalten der Kunden und die Aktivitäten in der Community aus- und bewerten. Die Evaluation optimiert das Engagement in den sozialen Medien, trägt aber auch zur zielgruppengerechten Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen bei.
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