Was ist das V-Modell?

Das V-Modell ist ein Modell, das für verschiedene Entwicklungsprozesse genutzt wird, z. B. in der Softwareentwicklung. Es wurde in seiner ursprünglichen Form in den 1990er Jahren entwickelt, im Laufe der Zeit immer weiter verfeinert und an moderne Entwicklungsmethoden angepasst. Die grundlegende Idee stammt allerdings schon aus den 1970er Jahren und war als eine Art Weiterentwicklung des Wasserfallmodells konzipiert.

Zusätzlich zu den jeweiligen Entwicklungsphasen eines Projekts definiert das V-Modell parallel die begleitenden Vorgehensweisen zur Qualitätssicherung und beschreibt, wie diese einzelnen Phasen miteinander interagieren können. Seinen Namen verdankt das Vorgehensmodell seiner dem Buchstaben V ähnelnden Struktur.

Die einzelnen Phasen des V-Modells

Zunächst definiert das V-Modell den Ablauf eines Projekts in einzelnen Phasen, die immer weiter ins Detail gehen:

  • Zu Beginn des Projekts sieht das Modell eine Analyse der allgemeinen Anforderungen an das geplante System vor.
  • Danach soll das Projekt mit funktionalen und nichtfunktionalen Anforderungen an die Systemarchitektur angereichert werden.
  • Darauf folgt der Systementwurf, bei dem die Komponenten und Schnittstellen des Systems geplant werden.
  • Sind diese Phasen abgeschlossen, kann die Softwarearchitektur im Detail konzipiert werden.

Nun folgt die eigentliche Entwicklung der Software gemäß diesen Plänen. Anschließend folgen die Phasen der Qualitätssicherung, die sich immer auf die Schritte der Entwicklung beziehen. Das Modell sieht folgende Aufgaben vor:

  • Unit Tests
  • Integrationstests
  • Systemintegration
  • Abnahme

Zusammenspiel von Konzipierung und Qualitätssicherung

Das „V“ entsteht deshalb, weil das Modell die Entwicklungsphasen den korrespondierenden Qualitätssicherungsphasen gegenüberstellt. Der linke Arm des Buchstaben V enthält die Aufgaben zur Konzipierung und Entwicklung des Systems, der rechte Arm die zugehörigen Maßnahmen zur Qualitätssicherung. In der Mitte dieser beiden Arme, eingebettet zwischen den Entwicklungsphasen und den Qualitätssicherungsphasen, liegt die Implementierung des Produkts. Im Fall eines Softwareprojekts wäre dies die Programmierung der Software.

Die korrekte Umsetzung der geplanten Softwarearchitektur wird durch Unit Tests abgefragt. Hier wird im Detail geprüft, ob einzelne Module der Software exakt die geforderten Funktionen erfüllen und auch wirklich die erwarteten Ergebnisse liefern. Idealerweise finden diese Modultests möglichst parallel zur Entwicklung statt, um Fehler zu vermeiden.

Dem Systementwurf stehen die Integrationstests gegenüber. Hier wird darauf geprüft, ob die einzelnen Komponenten so miteinander zusammenarbeiten, wie es geplant war – ob beispielsweise alle Abläufe die erwarteten Ergebnisse liefern. Fehlerhafte Ergebnisse können an dieser Stelle u. a. auf Probleme mit Schnittstellen hinweisen.

Der Systemtest prüft, ob die allgemeinen Anforderungen an das System erfüllt wurden, die beim Konzipieren der Systemarchitektur festgelegt wurden. Solche Tests finden in der Regel in einer Testumgebung statt, die die realen Bedingungen beim Kunden möglichst exakt nachstellt.

Der Anforderungsanalyse des Gesamtsystems steht am Ende des Projekts die Abnahme des fertigen Produkts gegenüber. Bei der Endabnahme prüft der Kunde, ob die Vorgaben im laufenden Betrieb erfüllt werden. In der Regel wird hier nur das Verhalten der Software an der Oberfläche getestet – sprich: das, was der Auftraggeber bei der täglichen Nutzung zu sehen bekommt. Man spricht dabei auch von einem Akzeptanztest.

V-Modell XT: Die Weiterentwicklung des V-Modells

Im Jahr 2006 wurde das V-Modell zuletzt überarbeitet, um neuere Prinzipien wie agile Entwicklung wiedergeben zu können. Das Ergebnis war das V-Modell XT. XT steht hierbei für Extreme Tailoring und beschreibt die neue Möglichkeit, das Modell auf die jeweiligen Anforderungen des Projekts zuzuschneiden.

Ein grundlegender Gedanke hinter dieser Weiterentwicklung war, ein Modell bereitzustellen, das sich flexibel an verschiedene Projektgrößen anpassen lässt. Gerade für kleinere Projekte war die ältere Methode häufig unverhältnismäßig aufwendig und daher ineffizient. Beim V-Modell XT hingegen ist es möglich, für kleine Projekte bestimmte Phasen zu streichen, die einen zu großen Mehraufwand bedeuten würden.

Ferner wurden in das neuere Modell auch Aufgabenblöcke mitaufgenommen, die sich explizit auf den Auftraggeber beziehen. Das alte Modell befasst sich allein mit der Abwicklung des Projekts beim Auftragnehmer, bevor es zur Endabnahme kommt. Im neuen Modell ist der Auftraggeber stärker eingebunden.

Das Modell wird weiterhin regelmäßig aktualisiert, um Neuerungen im Softwareentwicklungsprozess zu berücksichtigen und die Praxistauglichkeit zu verbessern. Die aktuellste Version des V-Modell XT ist die Version 2.3.

Anwendungsgebiete des V-Modells

Das V-Modell XT ist in der Industrie ein weitverbreitetes Vorgehensmodell und gilt sogar für IT-Projekte der Bundesbehörden als offizieller Standard. Bei den meisten Ausschreibungen öffentlicher Auftraggeber für neue Softwareprojekte ist die Anwendung des V-Modells sogar verpflichtend und spielt daher insbesondere in Unternehmen, die Software für Behörden und Ministerien entwickeln, eine große Rolle. Es kann für Softwareprojekte jeder Größe genutzt werden, egal ob in der Wirtschaft, beim Militär oder bei der öffentlichen Hand. Es dient als Werkzeug, um die Organisation und Durchführung von Entwicklung, Instandhaltung und Weiterentwicklung verschiedenster IT-Systeme zu erleichtern.

Außerdem kann das V-Modell auch in anderen Entwicklungsbereichen genutzt werden, beispielsweise für elektronische oder mechanische Systeme in Forschung und Wissenschaft. Für diese Anwendungsgebiete existieren teils leicht angepasste Varianten, die die typischen Vorgehensschritte der jeweiligen Branche widerspiegeln.

Vor- und Nachteile des V-Modells

Das Vorgehensmodell ist vor allem deshalb so weit verbreitet, weil es für eine hohe Transparenz und sauber definierte, nachvollziehbare Abläufe sorgt. Im Folgenden finden Sie die wichtigsten Vorteile und Kritikpunkte im Überblick.

Die Vorteile des V-Modells

  • Optimierung der Kommunikation zwischen den Beteiligten durch fest definierte Begriffe und Zuständigkeiten
  • Minimierung von Risiken und bessere Planbarkeit durch fest vorgegebene Rollen, Strukturen und Ergebnisse
  • Verbesserung der Produktqualität durch fest integrierte Maßnahmen zur Qualitätssicherung
  • Kosteneinsparung durch transparente Aufarbeitung des gesamten Produktlebenszyklus

Insgesamt kann das Modell dabei helfen, Missverständnisse und unnötige Arbeiten zu vermeiden. Außerdem sorgt es dafür, dass alle Aufgaben zum richtigen Zeitpunkt und in sinnvoller Reihenfolge erledigt werden und dass möglichst keine Leerlaufzeiten entstehen.

Die Nachteile des V-Modells

Das Vorgehensmodell ist teils zu simpel, um den Entwicklungsprozess aus Sicht der Entwickler vollständig abzubilden. Der Fokus liegt verstärkt auf dem Projektmanagement. Zudem erlaubt die relativ starre Struktur kaum, flexibel auf Änderungen während der Entwicklung zu reagieren, und fördert somit einen vergleichsweise linearen Projektverlauf. Dennoch ist es möglich, mit dem V-Modell agile Entwicklung zu betreiben, wenn das Modell richtig verstanden und genutzt wird.

Alternativen zum V-Modell

In der Softwareentwicklung gibt es verschiedene Vorgehensmodelle, die je nach Projekt und Teamstruktur als Softwareentwicklungsprozess in Frage kommen. Die Auswahl an Vorgehensmodellen ist relativ groß, wobei Modelle wie das Wasserfallmodell oder das Spiralmodell besonders weit verbreitet sind. Das Wasserfallmodell eignet sich etwa speziell für kleine, linear ablaufende Projekte, während das Spiralmodell gut für iterativ aufgebaute Projekte genutzt werden kann.