Low Code vs. No Code: Was zeichnet die beiden Ansätze aus?

Low Code und No Code sollen die Programmentwicklung durch grafische Benutzeroberflächen deutlich erleichtern. Beide Ansätze verbinden viele Gemeinsamkeiten, wobei es auch einige entscheidende Unterschiede gibt, vor allem bei der jeweiligen Zielgruppe.

Low Code und No Code: Zwei Modelle für einfache Programmierung

Während die Entwicklung neuer und leistungsfähiger Software lange Zeit ausgebildeten Programmierern und Programmiererinnen vorbehalten war, schicken sich mittlerweile zwei neuere Ansätze an, die IT für mehr Menschen zu öffnen: Low Code und No Code. Statt zuerst über viele Jahre eine Programmiersprache zu lernen und dann über den Quellcode an neuen Programmen und Websites zu feilen, können Interessierte so über eine spezielle Plattform mit visueller Oberfläche an eigenen Projekten arbeiten, diese testen und letztlich zur Marktreife bringen oder für eigene Zwecke veröffentlichen. Häufig werden Low Code und No Code dabei synonym verwendet. Es gibt allerdings neben den Gemeinsamkeiten auch zahlreiche Unterschiede.

Was ist No Code?

Die Begrifflichkeiten „No Code“ und „Low Code“ geben bereits einen guten Hinweis darauf, was die beiden Entwicklungsalternativen auszeichnet und unterscheidet. No Code ist ein Ansatz, bei dem Nutzerinnen und Nutzern eine Plattform mit einem Drag-and-Drop-Builder verwenden, um komplexe Anwendungen zu erstellen. Statt der mühsamen Arbeit im Quellcode werden auf einer grafischen Benutzeroberfläche Bauteile zur Verfügung gestellt, die nach eigenen Bedürfnissen eingesetzt und bearbeitet werden können. Ein tiefergehendes Wissen über Programmiersprachen und Code ist dafür nicht erforderlich. Das bedeutet, dass auch Laien mit ein wenig Anlauf eigene Projekte komplett finalisieren können. Der Prototyp wird dabei vor der Veröffentlichung ausführlich getestet.

Was ist Low Code?

Im Unterschied zu No Code ist Low Code eine Technik, die beide Welten miteinander verbindet: Die bekannte und bewährte Art der manuellen Programmierung über Sprache und Quellcode auf der einen Seite und den Aufbau über einen Builder mit visueller Oberfläche auf der anderen. Auch Low Code setzt wie No Code auf einen solchen Builder, verwendet ihn allerdings nur als Hilfsmittel, um die Arbeit mit Code zu erleichtern. Werkzeuge und Modellierungsverfahren vereinfachen den Umgang mit dem textbasierten Code, setzen aber trotzdem ein fundiertes Wissen über eine oder mehrere Programmiersprachen voraus. Auch verschiedene entwickelte Funktionen sind auf einer Low-Code-Plattform häufig bereits enthalten.

Low Code vs. No Code: Welche Unterschiede gibt es?

Häufig werden die Unterschiede zwischen Low Code vs. No Code ignoriert, auch da einige Expertinnen und Experten letzteren Ansatz als logische Weiterführung der Brückentechnik verstehen. Das ist natürlich legitim, ein paar deutliche Unterscheidungsmerkmale gibt es allerdings zwischen den beiden Ansätzen.

Funktionsweise

Diesen Punkt haben wir bereits weiter oben angerissen. Low Code und No Code funktionieren unterschiedlich. Während Low-Code-Plattformen sich als grafisches Hilfsmittel im Umgang mit bekannten und teils komplizierten Programmiersprachen verstehen, streben No-Code-Plattformen eine komplette Loslösung von textbasiertem Code an. Nutzerinnen und Nutzer sollen ohne tiefergehendes Know-how eigene Projekte angehen und fertigstellen.

Zielgruppe

Durch die Funktionsweise gibt es auch Unterschiede bei den Zielgruppen von No Code und Low Code. Low Code richtet sich an Programmierinnen und Programmierer. Deren Arbeit am Quellcode soll durch die Arbeit mit einer Plattform mit grafischer Oberfläche erheblich erleichtert werden. Kenntnisse der jeweiligen Programmiersprache sind dabei unerlässlich. No Code hingegen richtet sich auch an Endbenutzer und Endbenutzerinnen, die ohne die Hilfe eines Developers eigene Anwendungssoftware erstellen möchten.

Architektur

Die Architektur der beiden Ansätze ist ebenfalls unterschiedlich. No Code setzt auf fertig Modelle, die mit Hilfe des Drag-and-Drop-Builders bestückt und verändert werden. Low Code verwendet als Basis hingegen auch weiterhin die manuelle Programmierung und richtet auch die Architektur komplett danach aus. Developer geben also durch den Code den Weg vor, die Plattform erleichtert lediglich die Ausformung.

Flexibilität

Im Vergleich zu No Code kann Low Code deutlich flexibler verwendet werden. Die Technik ohne Programmiersprache ist zwar deutlich einfacher zu bedienen, gibt dadurch aber auch einen vergleichsweise starren Rahmen vor. Das betrifft insbesondere die Benutzeroberfläche, die bei einer Low-Code-Plattform durch zusätzlichen Programmcode deutlich flexibler und individueller gestaltet werden kann.

Wie funktionieren Low-Code- und No-Code-Plattformen?

Die grundsätzliche Arbeitsweise von No Code und Low Code ähnelt sich allerdings auch. Beide Modelle sprechen Personen an, die innerhalb ihres Geschäftsfeldes Experten oder Expertinnen sind und damit genau wissen, welche Anforderungen eine Anwendungssoftware erfüllen muss, um für das entsprechende Unternehmen einen Mehrwert zu bieten. Lediglich die Umsetzung komplett ohne Code oder mit einer Mischung aus manuellen Eingaben und einer visuellen Oberfläche unterscheidet sich dann. Die grundsätzlichen Arbeitsschritte bei der Erstellung eines Projekts mit No Code oder Low Code sehen folgendermaßen aus:

Planung

Zuerst wird das Projekt vom Ende her gedacht. Das bedeutet, dass Sie zunächst überlegen müssen, welchen Zweck die geplante Software erfüllen soll. Welche Probleme oder Arbeitsschritte lassen sich durch das Programm bewältigen und was soll es insgesamt leisten? Wer wird von dem fertigen Projekt profitieren und es nutzen? Auf welchem Kenntnisstand ist diese Person oder der Personenstamm? Welche Daten und Informationen benötigen Sie, um die Software zufriedenstellend aufzusetzen? Diese Fragen sollten Sie sich vor Beginn der eigentlichen Nutzung einer No-Code- oder Low-Code-Plattform stellen.

Workflow

Im nächsten Schritt wird der eigentliche Workflow geplant und auf den Weg gebracht. Dabei stellen Sie Ihr Projekt so zusammen, dass es die gesteckten Ziele bestmöglich erreicht und auch von seinen Userinnen und Usern schnell verwendet werden kann. Dafür ist es sinnvoll, wenn Sie Module erstellen und diesen bestimmte Aufgaben zuweisen. Falls Sie eine No-Code-Lösung nutzen, sind die Module zumindest teilweise bereits vorgegeben. Mit einer Low-Code-Plattform erstellen Sie diese selbst.

Testphase

Die Testphase sollte sich über große Teile der eigentlichen Programmierung erstrecken. Testen Sie zunächst einzelne Schritte selbstständig und entwickeln Sie so ein Gefühl dafür, wie die No-Code- oder Low-Code-Plattform funktioniert und wo es noch Probleme bei der Nutzung gibt. Dann stellen Sie den Prototypen Test-Nutzerinnen und -Nutzern zur Verfügung, die die Software auf Herz und Nieren testen und so auch eventuelle Bugs aufdecken. Laufen diese Tests zu Ihrer Zufriedenheit, können Sie Ihr Programm einsetzen.

Wo werden Low Code und No Code verwendet?

Low Code und No Code kommen in zahlreichen Bereichen zum Einsatz. Unterschiedliche Plattformen haben sich dabei sogar auf bestimmte Bereiche spezialisiert und bieten daher maßgeschneiderte Lösungen. Besonders verbreitet sind Low Code und No Code im IT-Segment, in der Buchhaltung und in Personalabteilungen, in der Fertigung, Disposition und Logistik.

Welche Vor- und Nachteile haben Low-Code- und No-Code-Lösungen?

Der Einsatz von No Code oder Low Code bietet einige Vor- und Nachteile. Folgende Faktoren sollten Sie beachten, wenn Sie über den Einsatz einer der beiden Techniken nachdenken:

Vorteile von Low Code und No Code

  • Usability: No Code und Low Code verfolgen beide gleichermaßen einen besonders benutzerfreundlichen Ansatz. Viele Arbeitsschritte werden durch die visuelle Benutzeroberfläche erleichtert. Die Arbeit ist also deutlich niederschwelliger und Sie müssen dafür nicht extra Programmieren lernen.
  • Zeitersparnis: Projekte lassen sich mit Low-Code- oder No-Code-Plattformen deutlich schneller umsetzen und können Inhouse bearbeitet werden. Das kann auch dafür sorgen, dass das Ergebnis noch näher an den Ansprüchen der späteren Nutzer und Nutzerinnen ist. Schließlich entfallen langwierige Austauschphasen.
  • Kostenersparnis: Diese Punkte führen auch zu einer massiven Kostenersparnis. Zum einen wird das Geld für professionelle Developer gespart, zum anderen können wertvolle Ressourcen anderweitig eingesetzt werden.

Nachteile von Low Code und No Code

  • Geringere Flexibilität: Gerade im Bereich der No-Code-Entwicklung bewegen Sie sich in einem engen Rahmen, der durch den Aufbau und die einzelnen Bausteine der jeweiligen Plattform vorgegeben ist. Das ist absolut ausreichend für einfache Programme; möchten Sie allerdings eine individuellere Lösung finden, ist die traditionelle Programmierung mit einem Experten oder einer Expertin erfolgversprechender.
  • Bindung an die Plattform: Die meisten No-Code- und einige Low-Code-Plattformen bieten keine Umzugsmöglichkeiten an. Haben Sie also ein Projekt auf einer solchen Plattform aufgesetzt, ist kein Wechsel in ein anderes System möglich. Möchten Sie sich trotzdem neu aufstellen, müssen Sie auch große Teile des Projekts neu erstellen.

Was sollten Sie bei der Nutzung von No Code oder Low Code bedenken?

No Code und Low Code sind zwei vielversprechende Ansätze und vielleicht auch für Ihre Ansprüche genau die richtige Wahl. Wenn Sie mit dem Gedanken spielen, auf eine solche Plattform zurückzugreifen, sollten Sie beachten, dass die Arbeit zwar einfacher ist, trotzdem allerdings eine gewisse Eingewöhnung benötigt. Außerdem ist nicht jede Low-Code- oder No-Code-Plattform für jedes Aufgabengebiet geeignet. Es lohnt sich also, wenn Sie im Vorfeld mit einem großzügigen Zeitpolster an einer passenden Lösung ausprobieren und so ein Gefühl dafür bekommen, ob diese zu Ihrem Projekt passt. Viele Plattformen bieten zu diesem Zweck kostenlose Demoversionen an.