Decoy-Effekt: Definition, Funktionsweise und Beispiele

„Als Menschen entscheiden wir uns immer für das Schnäppchen – auch wenn es nüchtern betrachtet eigentlich gar keines ist.“ Diese Grundhaltung beweist der Decoy-Effekt, auch bekannt als Täuschungseffekt oder asymmetrischer Dominanzeffekt. Seitdem dieses Phänomen kognitiver Verzerrung in der Verkaufspsychologie experimentell nachgewiesen wurde, kommt es in Marketing und Sales gezielt zum Einsatz. Erfahren Sie hier, was es mit dem Effekt auf sich hat und wie er den Verkauf von Produkten bzw. Dienstleistungen ankurbelt.

Was ist der Decoy-Effekt?

Der Decoy-Effekt, auch Täuschungseffekt, zählt zur Kategorie der sogenannten kognitiven Verzerrungen. Wie viele verwandte Phänomene dieses Bereichs sorgt er dafür, dass Menschen Dinge bzw. Sachverhalte anders wahrnehmen, als sie sich in der Realität darstellen. In diesem speziellen Fall dient eine „ablenkende“ Instanz (in der Regel ein weiteres Produkt) als treibende Kraft für die Beeinflussung des Entscheidungs- bzw. Konsumverhaltens von Kunden. Führte der Vergleich zwischen zwei Ausgangsprodukten zuvor noch zu keinem eindeutigen Ergebnis, ändert sich dies durch das Hinzufügen der dritten Einheit, da diese die vermeintlichen Stärken einer der beiden Optionen zu unterstreichen scheint.

Definition: Decoy-Effekt

Der Decoy-Effekt beschreibt die direkte Beeinflussung von Entscheidungen und Konsumverhalten durch das Hinzufügen einer weiteren Alternative, die den Vergleich zwischen den zuvor inspizierten Ausgangsprodukten scheinbar erleichtert.

Wie funktioniert der Decoy-Effekt?

Das englische Wort „decoy“ bedeutet so viel wie „Köder“ oder auch „Lockvogel“ – und genau darum geht es tatsächlich bei dieser kognitiven Verzerrung. Ein zusätzliches drittes Angebot, das prinzipiell gar nicht gekauft werden soll, beeinflusst einen laufenden Kaufprozess erheblich. Der Decoy-Effekt beruht darauf, dass wir als Konsumenten Kaufentscheidungen zu etwa 85 bis 95 Prozent unbewusst treffen. Diese Entscheidungen sind sowohl für unbewusste kognitive Verzerrung als auch für bewusste und gezielte Manipulation von außen anfällig.

Erstmals erforscht und beschrieben wurde der Decoy-Effekt im Jahre 1982 vom US-amerikanischen Marketingprofessor Joel Huber und seinen Kollegen. So entdeckte das Team, dass es problemlos möglich ist, Konsumenten, die bei der Entscheidung zwischen zwei Produkten mit unterschiedlichen Preisen schwanken, mit einem dritten – deutlich besseren und/oder deutlich teureren „Köder“-Produkt – zu einer Entscheidung für die gewünschte Alternative unter den beiden Ausgangsprodukten zu bewegen.

Der Schlüssel für den erfolgreichen „Decoy“ ist immer ein Produkt, das „asymmetrisch dominierend“ ist. Es muss den Vergleichsprodukten also in mindestens einem Aspekt eindeutig überlegen sein. Kognitionspsychologisch betrachtet funktioniert diese Vorgehensweise u. a. deshalb, weil der Decoy-Effekt das menschliche Belohnungssystem erfolgreich anspricht.

Beispiele für den Decoy-Effekt

Für den Decoy-Effekt gibt es viele Beispiele, die grundsätzlich alle auf dem identischen, relativ einfachen Grundprinzip beruhen:

Für den Decoy-Effekt ist es notwendig, dass sich ein Kunde bereits für einen Anbieter bzw. einen Onlineshop entschieden hat, da dieser Effekt nur lokal genutzt werden kann und nicht über zahlreiche konkurrierende Angebote hinweg funktioniert.

Innerhalb des Angebots, z. B. eines Abonnements, können durch die zwei zur Auswahl stehenden Produkte und das asymmetrisch dominierende Decoy-Produkt Kaufentscheidungen sehr gezielt beeinflusst werden. Für den Verkäufer geht es bei der Nutzung des Decoy-Effekts natürlich immer darum, den Wert des Warenkorbes zu optimieren und möglichst viele Abverkäufe zu generieren.

Hinweis

Auch Verleger von Zeitungen und Zeitschriften setzen besonders oft auf den Decoy-Effekt, da der Markt stark umkämpft ist und die inhärente Doppelstruktur der Angebote (Print, Online) den Einsatz des Effektes begünstigt.

Als konkretes Beispiel für den Decoy-Effekt soll die Auswahl zwischen zwei Weinen dienen:

Beide Weine sind für den potenziellen Käufer interessant. Der Kunde ist allerdings unsicher, weil Produkt A teurer ist (sehr bekanntes Weingut), aber Produkt B eigentlich mehr leistet (besonders guter Jahrgang). Da der erste Wein generell mehr Umsatz bringt, hat der Verkäufer natürlich Interesse daran, mehr von Produkt A zu verkaufen, auch wenn Produkt B für den Kunden eigentlich die bessere Wahl wäre.

Der Verkäufer nutzt nun die Wirkung des Decoy-Effekts und schlägt dem Kunden Produkt C vor. Es ist ein Spitzenprodukt (besonders guter Jahrgang eines sehr bekannten Weinguts) und noch einmal teurer als Produkt A. Dieses „Köder-Produkt“ erhöht automatisch die Wahrscheinlichkeit, dass der Kunde sich für Produkt A und nicht für Produkt B entscheidet. Im seltenen Fall, dass aus der Dreierauswahl sogar Produkt C gekauft wird, profitiert der Verkäufer natürlich ebenfalls.

Decoy-Effekt im Marketing: Mehr Umsatz dank gezielter „Täuschung“

Auch wenn der Decoy-Effekt scheinbar leicht zu durchschauen ist, ist er doch sehr wirkungsvoll. Dies liegt in erster Linie an der hohen Zahl von unbewusst getroffenen Kaufentscheidungen, nicht nur im B2C-Bereich. Auch erfahrene Einkäufer im B2B-Bereich sind dem Marketing-Einfluss des Decoy-Effekts ausgeliefert. Am wirkungsvollsten für die Verkaufsförderung ist der Effekt, wenn die Angebote dem Kunden auf möglichst engem Raum präsentiert werden. Ein guter Moment im Verkaufsprozess für ein Decoy-Effekt-Produkt kann deswegen sogar der bereits gefüllte Warenkorb sein. Ein Algorithmus oder eine andere Funktion schlägt dem Kunden auf Basis von dessen Produktauswahl ein asymmetrisch dominierendes Produkt vor, und die Kaufentscheidung auf der Zielgerade noch im Sinne von mehr Umsatz zu verändern.

Besondere Marketing-Wirkung entfaltet der Decoy-Effekt übrigens in Kombination mit dem sogenannten Ankereffekt, denn auch dieser kann für die gezielte Beeinflussung von Kaufentscheidungen genutzt werden. Bei diesem Phänomen geht es darum, die Zahlenwahrnehmung und Abschätzungsfähigkeit von Menschen durch gesetzte „Anker“, also bestimmte Zahlen, gezielt zu beeinflussen – ohne dass es dafür in den Ankern selbst einen inhaltlichen Grund gibt, denn der Ankereffekt tritt auch auf, wenn die Zahlen komplett zufällig sind.

Hinweis

Die Wirkung des Decoy-Effekts kann durch dazu passende Effekte und Biases weiter verstärkt werden. Besonders hilfreich sind beispielsweise der Bandwagon-Effekt im Marketing, der Endowment-Effekt im Marketing und die Verlustaversion. Eine intelligente Kombination dieser Effekte sorgt für mehr Markenbekanntheit und höheren Absatz.