Liquidation von Gesellschaften: Begriffserklärung und Ablauf

Wenn ein Unternehmen oder ein Verein zahlungsunfähig wird oder überschuldet ist, stehen zwei Vorgehensweisen zur Wahl: die Insolvenz oder die Abwicklung – letztere bezeichnet man auch als Liquidation.

Welche Entscheidung getroffen wird, hängt davon ab, was mit dem Unternehmen oder dem Verein als Nächstes passieren soll. Rechnet man sich für Zukunft noch Chancen aus, sollte man eine Insolvenz in Betracht ziehen. Ist das Schicksal des Unternehmens dagegen besiegelt, besteht die letzte Amtshandlung des Inhabers, der Gesellschafter bzw. des Vorstands in der Liquidierung der Vermögensgegenstände.

Hinweis

Eine Liquidation kommt sowohl für Unternehmen als auch für Vereine infrage. Wir beschäftigen uns in diesem Artikel mit der Liquidation von Unternehmen.

Die Durchführung einer Liquidation ist unabhängig von der Rechtsform eines Unternehmens prinzipiell immer gleich.

Was ist eine Liquidation? Definition und Bedeutung des Begriffs

Eine Liquidation ist dann angebracht, wenn eine Kapitalgesellschaft oder eine Personengesellschaft zahlungsunfähig wird und infolgedessen aufgelöst werden soll. Ziel ist dabei, die noch vorhandenen Vermögensgegenstände des Unternehmens (z. B. Gebäude, Maschinen, Fahrzeuge) zur Erfüllung aller Verbindlichkeiten flüssig (liquide) zu machen sie also restlos in Bargeld oder andere leicht in Bargeld umtauschbare Mittel umzuwandeln.

Definition

„Liquidation“ (von lat. liquidare für „verflüssigen“), auch bekannt unter dem Begriff „Abwicklung“, bedeutet im betriebswirtschaftlichen und rechtswissenschaftlichen Zusammenhang die Veräußerung aller Vermögensgegenstände einer Gesellschaft mit der Konsequenz, dass diese vollständig beendet wird.

Das Restvermögen wird auch „Liquidationserlös“ genannt. Es soll

  1. zuerst die Ansprüche der Gläubiger decken und
  2. danach an die Gesellschafter verteilt werden bzw. an den Inhaber gehen.
Hinweis

Die Liquidation eines Einzelunternehmens ist im Gegensatz zur Auflösung von Unternehmen, an denen mehrere Gesellschafter beteiligt sind, relativ unkompliziert. Die Entscheidung zur Liquidation trifft der Inhaber alleine, das Vermögen muss nicht auf verschiedene Personen aufgeteilt werden und es muss kein Liquidator bestellt werden. Dieser Artikel beschreibt jedoch die Liquidation von Personengesellschaften, an denen mehrere Gesellschafter beteiligt sind, und von Kapitalgesellschaften.

Einer ordnungsgemäßen Liquidation muss immer zuerst die Auflösung des jeweiligen Unternehmens vorausgehen (§ 145 HGB). Die Auflösung markiert das Ende des Geschäftsbetriebs und leitet die Liquidationsphase ein, in der alle verbleibenden Vermögensgegenstände verwertet werden.

Die verschiedenen Arten der Liquidation

Liquidationen lassen sich anhand dreier Faktoren unterscheiden:

  • Zweck: Wenn das Vermögen einer Gesellschaft vollständig veräußert und die Gesellschaft daraufhin beendet wird, spricht man von einer materiellen Liquidation. Bei einer formellen Abwicklung dagegen setzt die Gesellschaft ihre Geschäftstätigkeit in einer neuen Rechtsform fort. Dafür werden die Vermögenswerte auf die neue Gesellschaft übertragen.
  • Vermögensumfang: Hierbei unterscheidet man zwischen der Totalliquidation, bei der sämtliche verfügbaren Vermögenswerte veräußert bzw. auf eine neue Rechtsform übertragen werden, und der Teilliquidation. Letztere betrifft nur Teile des Vermögens. Ein solcher Abwicklungsprozess führt zumeist zur Einschränkung der wirtschaftlichen Handlungsfähigkeit der Gesellschaft, ohne dabei ihre Rechtsform zu berühren.
  • Anlass: In der Regel wird die Abwicklung einer Gesellschaft von deren Gesellschaftern bzw. von der Hauptversammlung beschlossen. In diesem Fall spricht man von einer freiwilligen Liquidation. Davon zu unterscheiden ist die per gerichtlicher Verfügungsentscheidung erzwungene Liquidation. Mitunter ist der Zeitpunkt einer Abwicklung auch schon im Gesellschaftsvertrag festgeschrieben (§ 131 HGB).

Liquidation: Dasselbe wie Insolvenz?

Wenn eine Gesellschaft in die Zahlungsunfähigkeit schlittert, hat sie üblicherweise zwei Optionen: Entweder sie liquidiert ihre noch verfügbaren Vermögenswerte oder sie meldet Insolvenz an.

Eine Liquidation ist nur dann möglich, wenn eine Gesellschaft entweder regulär beendet wird (z. B. weil sie nur auf eine bestimmte Zeit angelegt war) oder die Insolvenz mangels Masse abgelehnt wird.

Ein Insolvenzverfahren kann eingeleitet werden, wenn die Gesellschaft zahlungsunfähig ist, die Zahlungsunfähigkeit droht oder sich die Überschuldung abzeichnet. Das zuständige Insolvenzgericht stellt der Gesellschaft dann einen sogenannten Insolvenzverwalter zur Seite. Dieser stellt sicher, dass die Gesellschaft gemäß den Regelungen der Insolvenzordnung (InsO) entweder abgewickelt oder wieder zahlungsfähig, also saniert wird und den ordentlichen Geschäftsbetrieb wieder aufnimmt.

Wie bei einer Liquidation verliert die Gesellschaft bei einer Abwicklung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens ihr gesamtes Vermögen. Sie bleibt jedoch in ihrer aktuellen Rechtsform bestehen. Somit ist eine Insolvenz immer dann sinnvoll, wenn eine Gesellschaft nach einer Pleite saniert werden soll. Eine Liquidation kommt dagegen infrage, wenn die Beendigung einer Gesellschaft bereits beschlossene Sache ist – oder wenn ein Insolvenzantrag vom Gericht abgelehnt wurde, weil zum Bezahlen der Verfahrenskosten nicht ausreichend Geld vorhanden war.

Vollständige Liquidation einer Gesellschaft: Verantwortlichkeit und Durchführung

Bevor es zur Abwicklung einer Gesellschaft kommen kann, muss diese zuerst ordnungsgemäß aufgelöst werden. Dazu bedarf es des Beschlusses der Gesellschafter, die diesen mit einer Dreiviertelmehrheit treffen müssen (es sei denn, in der Satzung ist etwas anderes vereinbart). Im Anschluss daran muss die Auflösung zur Eintragung ins Handelsregister angemeldet werden.

Die Gesellschaft geht damit in eine Abwicklungsgesellschaft über. Dieser Umstand wird gegenüber der Öffentlichkeit mit dem Zusatz „i. L.“ („in Liquidation“) oder „i. Abw.“ („in Abwicklung“) im Firmennamen gekennzeichnet.

Der Liquidator

Ab dann übernimmt ein sogenannter Liquidator den Abwicklungsprozess. Dieser muss sich streng an die geltenden Gesetze halten und sollte deshalb eine entsprechende Fachkompetenz mitbringen. In der Regel füllt diese Rolle eine der Personen aus, die auch zuvor die Geschäfte der Gesellschaft geführt haben – also ein Vorstandsmitglied oder der Geschäftsführer persönlich. Aber ganz egal, wer die Aufgabe übernimmt: Der Liquidator muss beim Handelsregister angemeldet werden.

Zudem besteht die Möglichkeit, per Klausel im Gesellschaftsvertrag oder Beschluss der Hauptversammlung eine außenstehende juristische oder natürliche Person als Liquidator zu bestimmen. Diese handelt dann im Auftrag der Geschäftsführung und vertritt selbige (auch gerichtlich) nach außen.

Das Hauptanliegen des Liquidators ist es, im Interesse der Gläubiger, Aktionäre und Gesellschafter so viele Vermögenswerte wie möglich zu erwirtschaften. Zu diesem Zweck hat er volle Handlungsbefugnis und kann ggf. auch Neuverträge abschließen.

Der Ablauf

Wie der Abwicklungsprozess genau abzulaufen hat, ist in verschiedenen Gesetzen geregelt. Für manche Rechtsformen gelten bestimmte Sonderregelungen, etwa bei einer GmbH oder einer GbR.

Der grundlegende Ablauf ist bei allen Liquidationen gleich:

  1. Eröffnungsbilanz: Zu den Aufgaben des verantwortlichen Liquidators gehört die ordnungsgemäße Buchführung. So muss er zum Stichtag des Auflösungsbeschlusses eine Eröffnungsbilanz erstellen. Dadurch wird gleichzeitig ein neuer Rechnungsabschnitt für die Abwicklung eingeleitet.
  2. Gläubigeraufruf: Damit etwaige Gläubiger ihre ausstehenden Forderungen gegenüber der Gesellschaft geltend machen können, müssen sie über deren bevorstehende Beendigung unterrichtet werden. Dafür muss der Liquidator (einmalig) eine entsprechende Bekanntmachung in den sogenannten Geschäftsblättern der Gesellschaft veröffentlichen. Dazu gehört vor allem der elektronische Bundesanzeiger. Im Gesellschaftsvertrag können aber auch noch weitere Medien genannt sein.
  3. Abwicklung: Der eigentliche Abwicklungsprozess umfasst nebst der Beendigung aller laufenden Geschäfte der Gesellschaft auch die Einziehung noch offener Forderungen. Ebenso müssen alle offenen Schulden der Gesellschaft bezahlt werden. Der Liquidator kann die verbliebenen Vermögenswerte in Geld umsetzen, wenn ansonsten die offenen Schulden der Gesellschaft nicht beglichen werden können.
  4. Zwischenbilanz(en): Sollte sich der Abwicklungsprozess länger als ein Jahr hinziehen, muss der Liquidator zu jedem Geschäftsjahresabschluss eine Zwischenbilanz inklusive eines Lageberichts erstellen. Letzterer soll dem Gericht einen Einblick in die gegenwärtige Finanzlage ermöglichen und dokumentieren, dass die Interessen der Gläubiger und Gesellschafter gewahrt werden.
  5. Schlussbilanz: Zur Vervollständigung der detaillierten Buchführung erfolgt am Ende des Verfahrens eine Schlussbilanz.

Faktisch nicht mehr zum Abwicklungsprozess selbst gehört die Löschung der Gesellschaft im Handelsregister: Diese kann erst erfolgen, sobald kein Vermögen mehr in der Gesellschaft vorhanden, die materielle Liquidation also vollständig vollzogen ist. Ist dies vom Registergericht bestätigt worden, kann man die Löschung beim Handelsregister anmelden, was grundsätzlich zum Verlust der Rechts- und Parteifähigkeit der Gesellschaft führt. Nach dieser formellen Liquidation muss der Liquidator bzw. eine Drittperson die Bücher und Schriften der Gesellschaft noch für zehn Jahre aufbewahren, um sie im Fall einer nachträglichen Prüfung dem Finanzamt zur Verfügung stellen zu können.

Den letzten Schritt stellt die Auszahlung des Vermögens an die Anteilseigner der Gesellschaft dar – vorausgesetzt, vom Liquidationserlös ist nach Befriedigung der Gläubiger noch etwas übrig. Dieser Schritt darf aber erst nach Ablauf eines Sperrjahres erfolgen, das mit der Publizierung der Gesellschaftsauflösung und dem Gläubigeraufruf begonnen hat. Die Verteilung des Geldes ist dabei abhängig von den nominellen Anteilen der Gesellschafter.

Beispiel: Liquidation eines Unternehmens

Eine Liquidation muss nicht unbedingt die Reaktion auf den Konkurs eines Unternehmens sein. Manchmal gibt es dafür auch ganz andere Gründe, die nichts mit einer Zahlungsunfähigkeit zu tun haben. Ein Beispiel:

Der 67-jährige Manfred ist Leiter eines Handwerksunternehmens und plant, sich nach jahrzehntelanger erfolgreicher Arbeitstätigkeit zur Ruhe zu setzen. Sein größter Wunsch ist es, dass eines seiner Kinder den Familienbetrieb übernimmt und weiterführt. Von denen scheint sich aber keines für den Betrieb zu interessieren. Manfred möchte sein Lebenswerk aber nicht in den Händen eines fremden Käufers sehen. So entscheidet er sich zur Liquidation. Als alleiniger Gesellschafter kann er die Auflösung seines Unternehmens in Eigenregie beschließen und beim Registergericht anmelden.

Etwas frustriert darüber, dass der Familienbetrieb dem sicheren Ende entgegengeht, möchte sich Manfred nur ungern selbst mit den Einzelheiten der Abwicklung beschäftigen. Daher beauftragt er seinen alten Freund Dieter, zu dem er Vertrauen hat und der die nötigen fachlichen Kompetenzen mitbringt, und meldet ihn als offiziellen Liquidator zur Eintragung im Handelsregister an. Fortan kümmert sich Dieter auf Manfreds Rechnung um alle mit der Liquidation verbundenen Aufgaben – insbesondere um die öffentliche Ankündigung der Auflösung mit Gläubigeraufruf und die ordnungsgemäße Bilanzierung.

Noch innerhalb des laufenden Geschäftsjahrs gelingt es ihm, sämtliche im Unternehmen vorhandenen Maschinen zu veräußern, sodass ein beachtlicher Liquidationserlös zustande kommt. Das Grundstück, auf dem der Betrieb steht, muss er bei der Abwicklung nicht miteinbeziehen – das will Manfred nämlich behalten. Nachdem alle Gläubigeransprüche befriedigt und auch sonst alle erforderlichen Liquidationsmaßnahmen erfolgt sind, meldet Dieter die Löschung des Unternehmens zum Handelsregister an. Manfred nimmt sich persönlich der Geschäftsbücher und Schriften an, mit der Absicht, sie für die nächsten zehn Jahre sicher aufzubewahren. Nun muss er nur noch das obligatorische Sperrjahr abwarten, bis er sich den Restbetrag des Unternehmensvermögens auszahlen lassen kann.

Hinweis

In unserem IONOS Startup Guide können Sie sich auch über die genauen Abläufe bei der Auflösung einer GmbH oder der Auflösung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) informieren.

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