Der Liquidator: Kompetenzen und Aufgabenbereiche

Wenn der geliebte Familienbetrieb plötzlich bis zum Hals in Schulden steckt, ist die Frustration groß. Doch die ernüchternde Wahrheit lautet: Nicht jedem Herzensprojekt ist eine rosige Zukunft vergönnt. Ist dann kein Insolvenzverfahren möglich, bleibt als letzte Option oft nur noch die Beendigung des Unternehmens und die Liquidation aller noch vorhandenen Vermögenswerte. Das Ganze geschieht aber nicht von allein, sondern wird von einem sogenannten Liquidator übernommen, der sich mit der Abwicklung von Kapital- und Personengesellschaften auskennt. Aber was macht so ein Liquidator eigentlich genau?

Was ist ein Liquidator? Eine Definition

Liquidator nennt man diejenige (natürliche oder juristische) Person, die mit der Aufgabe betraut wird, eine GmbH, eine GbR oder eine andere Art von Kapital- oder Personengesellschaft abzuwickeln – also ihre Liquidation durchzuführen. Bei solch einer Liquidation geht es darum, die laufenden Geschäfte zu beenden, Forderungen einzuziehen, sämtliche noch vorhandenen Vermögensgegenstände der Gesellschaft in Bargeld umzuwandeln (also liquide zu machen) und sie im Anschluss dann vollständig zu beenden.

Definition: Liquidator

Der Liquidator ist eine natürliche oder juristische Person, welche die Liquidation (oder auch Abwicklung) einer Gesellschaft durchführt. Im Rahmen seiner Tätigkeit kümmert er sich um alle Aufgaben, die zwischen der Auflösung und der Beendigung der jeweiligen Gesellschaft anfallen: etwa den Gläubigeraufruf, die ordnungsgemäße Buchführung und die Verteilung der Vermögenswerte.

Der Liquidator ergreift eigenverantwortlich alle Abwicklungsmaßnahmen und hält sich dabei streng an das für die jeweilige Rechtsform geltende Recht (z. B. im Fall einer GmbH an das „Gesetz bezüglich die Gesellschaften mit beschränkter Haftung“) sowie an die Gesetze zur Verteilung des Verwertungserlöses, der bei der Liquidierung aller Vermögensgegenstände der Gesellschaft entsteht. Dabei handelt der Liquidator im Namen und auf Rechnung der zu schließenden Gesellschaft – dies impliziert auch die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung derselben.

Hinweis

Nicht zu verwechseln ist der Liquidator mit dem Insolvenzverwalter, der vom Insolvenzgericht ernannt und beaufsichtigt wird, um eine Gesellschaft bei der ordnungsgemäßen Durchführung eines Insolvenzverfahrens gemäß der Insolvenzverordnung (InsO) zu unterstützen.

Liquidator: Vergütung und Kompetenzen

Natürlich muss der Liquidator für seine Arbeit entsprechend entlohnt werden: Wenn bezüglich seines Honorars keine gesonderte Vereinbarung in einer Gesellschafterversammlung getroffen wurde, steht ihm gemäß § 612 Abs. 2 BGB eine „übliche“ Vergütung zu. Diese richtet sich nach den Vergütungsbestimmungen für Insolvenzverwalter, da der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 25. Juli 2005 beschlossen hat, dass die Aufgaben des Liquidators und des Insolvenzverwalters im Grunde vergleichbar seien (BGH, Urteil vom 25. Juli 2005 – II ZR 199/03). Jedoch bedürfen die Berechnung und die Auszahlung des Honorars einer vorherigen Abstimmung der Gesellschafter, um Interessenskonflikten vorzubeugen. Das ist vor allem dann angeraten, wenn der Liquidator selbst zu den Anteilseignern gehört. Das deutsche Recht sieht nämlich vor, dass die Abwicklung einer Gesellschaft von denselben Personen durchgeführt wird, die zuvor auch für die Leitung der Geschäfte verantwortlich war. So wird der amtierende Geschäftsführer von Rechts wegen automatisch, also ganz ohne besonderen Bestellungsakt, zum Zeitpunkt der Auflösung der Gesellschaft zum Liquidator berufen.

Durch eine Klausel im Gesellschaftsvertrag oder per Beschluss der Gesellschafterversammlung kann aber auch eine andere Person mit der Liquidation der Gesellschaft betraut werden. Grundsätzlich kommt hierfür jede vollgeschäftsfähige natürliche Person in Frage, die zumindest theoretisch auch als Geschäftsführer geeignet wäre. In jedem Fall sollte der auserwählte Kandidat vertrauenswürdig sein und über ein hohes Maß an Fachwissen verfügen, das ihn dazu befähigt, die zahlreichen Vorschriften des Abwicklungsprozesses einzuhalten und einen möglichst hohen Liquidationserlös zu erwirtschaften. Als besonders prädestiniert für diese Position gelten vor allem Menschen aus den juristischen Berufen, z. B. Rechtsanwälte und Steuerberater.

Sollten begründete Zweifel an der Qualifikation des in Frage kommenden Liquidators bestehen, können Gesellschafter, deren Geschäftsanteil zusammen mindestens zehn Prozent des Stammkapitals ausmachen, auch die Bestellung eines neutralen Liquidators durch das Registergericht beantragen. Unabhängig davon, wer letztendlich die Position bekleidet – der zuständige Liquidator muss unbedingt beim Handelsregister zur Eintragung angemeldet werden.

Aufgabenbereich: Was macht ein Liquidator?

Der Liquidator bildet das geschäftsführende und vertretende Organ einer in Liquidation („i. L.“) bzw. in Abwicklung („i. Abw.“) befindlichen Gesellschaft. Auf welche gesetzlichen Richtlinien er dabei achten muss, hängt maßgeblich von der Rechtsform der zu liquidierenden Gesellschaft ab. So gibt es z. B. bei der Auflösung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) sowie bei Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) bestimmte Sonderregelungen zu beachten, die in den dazugehörigen Gesetzestexten festgelegt sind.

Der Ablauf der Abwicklung und die Aufgaben des Liquidators sind im Kern aber immer dieselben:

Publikation der Liquidationsabsicht/Gläubigeraufruf

Sobald die Auflösung der betreffenden Gesellschaft beim Handelsregister angemeldet wurde, muss der zuständige Liquidator sie unverzüglich in den sogenannten „Geschäftsblättern“ bekanntmachen. Dazu gehört zwingend der elektronische Bundesanzeiger, im Gesellschaftsvertrag können aber auch noch andere Informationsmedien angegeben sein.

Seit dem 1. September 2009 reicht eine einmalige Publikation anstatt einer dreimaligen aus. Der Wortlaut kann in etwa sein: „Die Gesellschaft xy wurde aufgelöst und der Gesellschafter xy zum Liquidator ernannt. Die Gläubiger der Gesellschaft werden hiermit aufgefordert, sich zu melden, um ihre ausstehenden Forderungen einzuholen.“

Der damit erfolgte „Gläubigeraufruf“ leitet das sogenannte „Sperrjahr“ ein, in dem das Gesellschaftsvermögen unter keinen Umständen an die Anteilseigner ausgezahlt werden darf.

Abwicklung im engeren Sinne

Da der Liquidator faktisch die Aufgabe eines Geschäftsführers übernimmt, ist er dafür verantwortlich, die laufenden Geschäfte der Gesellschaft zum Abschluss zu bringen und alle damit verbundenen Verpflichtungen zu erfüllen. Ferner ist es ihm erlaubt, auch neue Rechtsgeschäfte einzugehen, solange diese ausschließlich der Abwicklung der Gesellschaft dienen. Die Einziehung noch ausstehender Forderungen von Geschäftspartnern und Kunden bereitet zudem den nächsten und zugleich elementarsten Schritt des Abwicklungsprozesses vor.

Umsetzung des übrigen Vermögens in Bargeld

Hierbei ist Geschäftssinn gefragt. Der Liquidator muss sich bemühen, alle noch in der Gesellschaft vorhandenen Vermögensgegenstände (z. B. Gebäude, Grundstücke, Maschinen, Material) möglichst vollständig in liquide Mittel (oder aber leicht in Bargeld eintauschbare Mittel) umzuwandeln. Sein erklärtes Ziel ist es, auf diese Weise im Interesse der Gläubiger, Aktionäre und auch der Gesellschafter eine möglichst große Konkursmasse zu erwirtschaften, die dann in der vorgeschriebenen Reihenfolge verteilt werden kann.

Befriedigung von Gläubigeransprüchen

Von dem somit zustande gekommenen „Liquidationserlös“ müssen zuallererst sämtliche bekannten Gläubiger bedient werden. Erst wenn dies geschehen ist und das gesetzlich vorgeschriebene Sperrjahr eingehalten wurde, dürfen die Gesellschafter gemäß ihren Geschäftsanteilen begünstigt werden (Stichwort: Gläubigerschutz). Achtung: Hält der Liquidator diese strenge Reihenfolge nicht ein, können die übergangenen Gläubiger ihre Forderungen gegenüber der Gesellschaft als Schadensersatzforderung gegen den Liquidator geltend machen (BGH, Urteil vom 13. März 2018 – II ZR 158/16).

Buchführung/Lageberichte

Ebenfalls in den Aufgabenbereich des Liquidators fällt die ordnungsgemäße Bilanzierung. Diese umfasst eine Eröffnungsbilanz zum Stichtag des Auflösungsbeschlusses, eine Schlussbilanz nach Ende des Abwicklungsprozesses sowie regelmäßige Zwischenbilanzen für jedes abgeschlossene Geschäftsjahr. Ferner muss er für das Registergericht einen Lagebericht erstellen, aus dem die gegenwärtige Finanzlage der Gesellschaft sowie der Fortschritt der Liquidation hervorgehen.

Löschung der Gesellschaft

Sobald keine Abwicklungsmaßnahmen mehr erforderlich und sämtliche Gläubigeransprüche bedient sind, muss der Liquidator die Löschung der Gesellschaft zur Eintragung im Handelsregister anmelden. Dadurch verliert sie ihre Rechts- und Parteifähigkeit und ist somit endgültig beendet.

Aufbewahrung der Geschäftsbücher und Schriften

Neben den geschäftsführenden Gesellschaften sowie ausgewählten Dritten kommt auch der Liquidator für die Aufgabe in Frage, die Bücher und Schriften der gelöschten Gesellschaft für die nächsten 10 Jahre aufzubewahren. Um eine spätere Kontaktaufnahme zwecks nachträglicher Prüfung der Unterlagen zu erleichtern, muss er dafür seinen Namen und seine Anschrift beim Handelsregister hinterlegen.

Verteilung des Restbetrags unter den Anteilseignern

Sobald das Sperrjahr abgelaufen ist, das mit dem Gläubigeraufruf begonnen hatte, darf der Liquidator den Restbetrag des Liquidationserlöses (soweit vorhanden) an die Gesellschafter entsprechend ihren nominellen Anteilen auszahlen – oder gemäß abweichender Regelung im Gesellschaftsvertrag. Dies setzt jedoch voraus, dass sämtliche bekannten Gläubiger bereits restlos bedient wurden. Bei einem Verstoß haftet der Liquidator mit seinem eigenen Privatvermögen.

Nachtragsliquidation

Ärgerlich, aber manchmal unvermeidbar: Stellt sich nach der Löschung im Handelsregister heraus, dass doch noch Vermögenswerte in einer Gesellschaft vorhanden sind (und diese entsprechender Abwicklungsmaßnahmen bedürfen), wird eine sogenannte „Nachtragsliquidation“ notwendig. Die Gesellschaft tritt dann wieder ins Liquidationsverfahren ein.

Da aber der bisher zuständige Liquidator mit der Löschung der Gesellschaft seine Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse verloren hat, kommt er für diese Aufgabe in der Regel nicht mehr in Frage. Stattdessen bestellt das Registergericht auf Antrag eines Beteiligten (z. B. eines Gesellschafters) einen „Nachtragsliquidator“. Dieser vertritt die betreffende Gesellschaft nur im Rahmen eines beschränkten Aufgabenkreises, der durch die notwendigen Abwicklungsmaßnahmen vorgegeben wird. Zwar muss er nicht extra im Handelsregister eingetragen werden, ein angemessen hohes Honorar steht ihm jedoch ebenfalls zu.

Fazit: Der Liquidator – eine wichtige Position

Als eine Art „Nach-Insolvenzmanager“ erfüllt der Liquidator zweierlei Verantwortlichkeiten: Einerseits regelt er die ordnungsgemäße Schließung einer Gesellschaft und sorgt im selben Zuge dafür, dass eine möglichst große Konkursmasse zur Begünstigung der Gläubiger und der Gesellschafter zusammenkommt; andererseits handelt er ihm Sinne des Staates, indem er sicherstellt, dass die ehemaligen Geschäftsführer nicht mehr auf die Gesellschaftskonten zugreifen können und somit auch keine Möglichkeit haben, Vermögensgegenstände unrechtmäßig beiseite zu schaffen. Die Auswahl eines geeigneten Liquidators sollte man also nicht auf die leichte Schulter nehmen.