Darüber hinaus ergibt sich für Kleinunternehmer ein leichter Wettbewerbsvorteil im Privatkundengeschäft. Endverbraucher vergleichen Preise für Produkte und Dienstleistungen in der Regel inklusive Umsatzsteuer (im allgemeine Sprachgebrauch auch Mehrwertsteuer genannt). Kleinunternehmen brauchen diese nicht berechnen und sind so auch gegenüber größeren, umsatzsteuerpflichtigen Konkurrenten wettbewerbsfähig, die Endverbrauchern Bruttopreise inklusive Umsatzsteuer anbieten müssen.
Dazu ein Beispiel:
Kleinunternehmerin Julia verkauft Retro-Rollschuhe über die Handelsplattform eBay. Ihr Einkaufspreis pro Stück liegt bei 50 Euro brutto. Ihre Käufer zahlen ihr 100 Euro. Julias Gewinn pro Verkauf beträgt somit 50 € (Verkaufspreis minus Einkaufspreis).
Das umsatzsteuerpflichtige Unternehmen Fischer KG kauft dasselbe Produkt ebenfalls für 50 Euro brutto ein. Die Fischer KG möchten pro Paar Rollschuhe ebenfalls 50 € Gewinn erzielen. Damit das gelingt, muss das Unternehmen von ihren Kunden allerdings 109,50 € verlangen. Wie kommt das?
Die Fischer KG bekommt 19 Prozent Ihres Bruttoeinkaufspreises als Vorsteuer vom Finanzamt zurück. Ihr Nettoeinkaufspreis liegt also bei 42,02 Euro (50/119 x 100). Die Fischer KG muss andererseits auf ihren Nettoverkaufspreis 19 Prozent aufschlagen und diesen Betrag als Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen. Möchte die Fischer KG 50 Euro Gewinn erzielen, muss sie demzufolge mit einem Nettoverkaufspreis von 92,02 Euro kalkulieren (42,02+50). Schlägt sie auf diesen 19 % Umsatzsteuer auf, ergibt das einen Bruttoverkaufspreis von 109,50 Euro (92,02/100 x 119).
Die Kunden werden lieber bei Julia einkaufen, da sie die Rollschuhe bei ihr günstiger bekommen. Julia hat dadurch gegenüber der Fischer KG einen Wettbewerbsvorteil.
Der Wettbewerbsvorteil im Privatkundengeschäft relativiert sich jedoch gegenüber Geschäftskunden, die zum Vorsteuerabzug berechtigt sind und die Vorsteuer vom Finanzamt erstattet bekommen.
Die in § 19 UStG geregelte steuerrechtliche Vereinfachung erspart Kleinunternehmern viel bürokratischen Aufwand. Trotzdem muss man sich gut überlegen, ob die Kleinunternehmerreglung wirklich sinnvoll für das eigene Unternehmen ist.
Für kleine Unternehmen und Existenzgründer, die in erster Linie im B2B-Geschäft tätig sind oder vor allem in der Anfangsphase mit hohen Betriebsausgaben und Investitionen rechnen, kann es durchaus von Vorteil sein, sich für die Regelbesteuerung zu entscheiden. Sie bekommen die gezahlte Vorsteuer vom Finanzamt erstattet.