Zur Beantwortung der Frage, ob sich die Wahl der Kleinunternehmerregelung lohnt, sollte man sich vergegenwärtigen, was bei der Umsatzsteuer eigentlich besteuert wird. Den Einnahmen, für die ein Unternehmen die Umsatzsteuer abführt, stehen die Ausgaben gegenüber, für die es Vorsteuer beim Finanzamt geltend macht. Im Ergebnis wird die Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben besteuert, das heißt, der Mehrwert, den das Unternehmen schafft (daher der Name „Mehrwertsteuer“). Diese Steuer zahlt jedoch nicht das Unternehmen, sondern der Verbraucher am Ende der Lieferkette – und zwar von allen Vorlieferanten zusammen, denn nur er kann die von seinem Lieferanten berechnete Umsatzsteuer nicht vom Finanzamt zurückverlangen.
Wenn man diesen Mechanismus bedenkt, dann ergeben sich – neben dem bürokratischen Aufwand – drei Entscheidungsfaktoren bei der Frage „Kleinunternehmerregelung oder nicht?“:
- die Art der Kunden
- die Art und Menge des Wareneinsatzes
- der selbst geschaffene Mehrwert.
Beim Kriterium „Kunden“ ist die Entscheidung relativ einfach: Handelt es sich dabei ausschließlich oder überwiegend um Unternehmen, die zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, dann ist die Kleinunternehmerregelung eindeutig nachteilig: Der Vorteil, keine Umsatzsteuer verlangen zu müssen, spielt keine oder nur eine untergeordnete Rolle, weil die umsatzsteuerpflichtigen Kunden diese Steuer ja zurückerhalten. Als zusätzlicher Kostenfaktor bleibt dagegen die nicht abzugsfähige Vorsteuer.
Wenn die Art der Kunden die Kleinunternehmerregelung nicht von vornherein unattraktiv erscheinen lässt, dann spielen diebeiden Kriterien „Wareneinsatz“ und „Mehrwert“ ebenfalls eine wichtige Rolle: Je niedriger der Wareneinsatz und je höher der intern geschaffene Mehrwert im Verhältnis zum Umsatz sind, desto mehr lohnt sich jeweils die Kleinunternehmerregelung.
Ein Unternehmen, das von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch macht, tritt gegenüber seinen Lieferanten gewissermaßen als Verbraucher auf: Es zahlt die gesamte aufgelaufene Umsatzsteuer. Je größer der selbst geschaffene Mehrwert, der dann nicht unter die Umsatzsteuer fällt, im Verhältnis dazu ist, desto lohnender ist also die Kleinunternehmerregelung. Ein Extremfall wäre beispielsweise ein Übersetzer, der nur zuhause am Computer sitzt und Texte liefert. Außer seinem Arbeitszimmer und etwas Papier hat er kaum Wareneinsatz und damit auch wenig Umsatzsteuer an seine Vorlieferanten zu zahlen. Seinen kompletten Mehrwert liefert er praktisch ohne Wareneinsatz – und wenn er für Privatpersonen arbeitet, auch günstiger als mit Umsatzsteuerpflicht. Die wenigen Anschaffungen, die er hat, kann er zudem samt Umsatzsteuer als Betriebsausgaben steuermindernd geltend machen.
Ein Sonderfall, bei dem sich die Kleinunternehmerregelung wahrscheinlich lohnt, wäre der, dass auch die Vorlieferanten eines Unternehmens ihrerseits überwiegend Kleinunternehmen sind. Dann würde auch die auf fremde Rechnungen zu zahlende Umsatzsteuer ganz oder weitgehend wegfallen. In der Praxis dürfte dies aber äußerst selten der Fall sein.