Das Wichtigste zur Bilanzierungspflicht

Alle Unternehmer müssen eine Bilanz aufstellen, richtig? Nein, das ist ein weitverbreiteter Irrglaube, denn nicht jeder Unternehmer ist zur ordnungsgemäßen doppelten Buchführung verpflichtet. Ob eine Bilanzierungspflicht besteht oder nicht, hängt von verschiedenen Faktoren ab – zum Beispiel vom Umsatz und vom Tätigkeitsfeld. Was es allgemein bei der Bilanzierungspflicht zu berücksichtigen gibt und ob diese auch Sie betrifft, erfahren Sie hier.

Welche Vor- und Nachteile hat die Bilanzierungspflicht?

Zeit ist ein knappes Gut. Und die Bilanzierung ist leider mit einem größeren Zeitaufwand verbunden als die einfachere Einnahmenüberschussrechnung (EÜR). Doch zunächst soll an dieser Stelle geklärt werden, was es überhaupt bedeutet, bilanzierungspflichtig zu sein: Bilanzierungspflicht bedeutet, dass ein Unternehmen verpflichtet ist, am Ende eines Geschäftsjahres einen Jahresabschluss zu erstellen. Dieser besteht wiederum aus der Bilanz, einer Gewinn- und Verlustrechnung sowie gegebenenfalls einem Anhang mit Erläuterungen.

Die Bilanzierungspflicht ist im Handelsgesetzbuch (HGB) verankert – darin finden Sie Grundsätze zur sogenannten ordnungsgemäßen Buchführung. Wenn Sie bilanzierungspflichtig sind, beginnen Sie das Geschäftsjahr mit der Eröffnungsbilanz. Darin werden Vermögen und Schulden übersichtlich gegenübergestellt. Ist das Geschäftsjahr zu Ende, folgt die Schlussbilanz. Dabei ist wichtig, dass Sie sich stets an die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) sowie die Grundsätze ordnungsgemäßer Bilanzierung (GoBil) halten.

Die Bilanzierungspflicht bringt zwar Nachteile mit sich, hat aber auch ihr Gutes:

Vorteil der Bilanzierung

Nachteil der Bilanzierung

Transparenz: Eine Bilanz bringt Klarheit über die finanzielle Situation eines Unternehmens. Gerade wenn es schnell wächst, verliert man rasch den Überblick. Die Bilanz kann da Abhilfe schaffen.

Aufwand: Ein Jahresabschluss mit Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung ist mit bürokratischem Aufwand verbunden und kostet Zeit und Mühe.

Wer ist bilanzierungspflichtig?

Für die Bilanzierungspflicht nennen das Handelsgesetzbuch und die Abgabenordnung im Wesentlichen zwei Kriterien:

  • Art des Unternehmens
  • Umfang des Unternehmens

Bei der Art des Unternehmens geht es dem Gesetzgeber zum einen um die Gesellschaftsform des Unternehmens, zum anderen um seinen Gegenstand beziehungsweise um die ausgeübte Tätigkeit.

Welche Gesellschaftsformen sind bilanzierungspflichtig?

Hier ist die Sachlage eindeutig: Gesellschaften sind grundsätzlich immer bilanzierungspflichtig. Das gilt für Kapitalgesellschaften (z. B. AG, GmbH, UG), Personengesellschaften (KG, oHG) und Mischformen (KG auf Aktien und andere).

Nur Einzelunternehmer und sogenannte Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) haben unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit, auf die ordnungsgemäße Buchführung und Jahresabschlüsse mit Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung zu verzichten. Tatsächlich fällt vom Handelsrecht her die GbR nicht unter den Begriff Gesellschaft, denn sie ist keine juristische Person – ihre Gesellschafter bleiben jeweils persönlich haftbar (und müssen z. B. als Gewerbetreibende auch einzeln ein Gewerbe anmelden).

Gewerbebetriebe müssen Bilanzen aufstellen

Im Grunde ist die Regel einfach: Laut Handelsgesetzbuch müssen Gewerbebetriebe „in kaufmännischer Weise“ eingerichtet sein, das heißt, mit ordnungsgemäßer Buchführung arbeiten. Zu dieser gehören auch Jahresabschlüsse mit Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung. In diesem Zusammenhang spricht das Gesetz von „Handelsgewerben“ und definiert selbige als gewerbliche Betriebe, die im Handelsregister eingetragen sind (§ 2 HGB). Allerdings gibt es Ausnahmen für kleinere Betriebe (siehe unten).

Keine Bilanzierungspflicht für Freiberufler

Einzelpersonen und Betriebe, die sogenannte freie Berufe ausüben, gelten nicht als Gewerbebetriebe. Daher haben sie auch keine Pflicht zur Bilanzierung. Manchmal ist Gründern allerdings nicht ganz klar, ob sie eigentlich Freiberufler sind oder nicht. Doch ist dies im Gesetz mehr oder weniger eindeutig geregelt.

Künstler und freie Journalisten sowie niedergelassene Ärzte und Anwälte gehören zum Beispiel definitiv zu den Freiberuflern. Eine Aufzählung solcher Berufe finden Sie im Einkommensteuergesetz (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG). Das sind die sogenannten Katalogberufe – zusätzlich gibt es noch eine Reihe weiterer, sogenannter „katalogähnlicher Berufe“. Auch das „Gesetz über Partnergesellschaften Angehöriger freier Berufe“ enthält eine solche Liste (§ 1 Abs. 2 PartGG).

Tipp

Wenn Sie mit einer selbstständigen Tätigkeit beginnen wollen und nicht ganz sicher sind, ob Sie als Freiberufler gelten oder nicht, fragen Sie beim Finanzamt nach, bevor Sie die Tätigkeit aufnehmen. Damit ersparen Sie sich mitunter viel Zeit und Ärger.

Umfang des Unternehmens

Für jene gewerbliche Unternehmen, die nicht schon wegen ihrer Gesellschaftsform Bilanzen erstellen müssen, also nur Einzelunternehmer und GbRs, gibt es außerdem Umsatz- und Gewinngrenzen für die Bilanzierungspflicht: Nur wer von ihnen im Jahr 2017 mehr als 600.000 Euro Umsatz oder mehr als 60.000 Euro Gewinn erwirtschaftet hat, ist 2018 bilanzierungspflichtig. Diese Grenzen finden Sie gleichlautend in § 141 der Abgabenordnung (AO) und in § 241a des Handelsgesetzbuchs (HGB). Beachten Sie, dass die Bilanzierungspflicht schon greift, wenn nur eine der beiden Grenzen überschritten wird.

Hinweis

Die Tatsache, dass eine Bilanzierungspflicht besteht, bedeutet noch nicht, dass Sie tatsächlich bereits im darauffolgenden Jahr eine Bilanz aufstellen müssen. Sie haben nur dann diese Pflicht, wenn das Finanzamt Sie noch im Jahr 2017 dazu aufgefordert hat. Falls nicht, besteht die Bilanzierungspflicht frühestens vom 1. Januar 2019 an.

Sonderfall Land- und Forstwirtschaft

Betriebe der Land- und Forstwirtschaft stellen in gewisser Weise einen Sonderfall dar: Zwar zählt das Handelsgesetzbuch sie nicht als Handelsgewerbe, trotzdem gilt für sie die Buchführungs- und Bilanzierungspflicht, wenn ihr Gewinn 60.000 Euro übersteigt. Statt der Umsatzgrenze wie bei den Gewerbebetrieben kommt hier außerdem der Wirtschaftswert selbstbewirtschafteter Flächen von über 25.000 Euro als Grenzwert hinzu (§ 141 Abs. 1 Nr. 3 und 5 AO).

Freiwillig darf jeder Bilanzen aufstellen

Auch wer – aus welchem Grund auch immer – dazu nicht verpflichtet ist, darf sein Unternehmen nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) betreiben und auch Bilanzen aufstellen. Das wird sogar zur Pflicht, sobald das Unternehmen im Handelsregister eingetragen wird, auch wenn dies freiwillig geschieht (§ 2 HGB). Auf diese Weise wird zum Beispiel automatisch aus einer nicht bilanzierungspflichtigen GbR eine bilanzierungspflichtige oHG (§ 105 Abs. 2 HGB). Von dieser Pflicht können sich Unternehmen auch nicht ohne weiteres befreien lassen. Dazu müssten sie vielmehr an zwei aufeinander folgenden Wirtschaftsjahren die Umsatz- und Gewinngrenzen unterschreiten. Auf jeden Fall ist dazu die Löschung aus dem Handelsregister erforderlich.

Besteht Bilanzierungspflicht für Einzelunternehmen?

Einzelunternehmen ist nicht gleich Einzelunternehmen: Deswegen lässt sich auch nicht pauschal beantworten, ob eine Bilanzierungspflicht für Einzelunternehmen besteht. Wenn Sie ein Einzelunternehmen führen und wissen wollen, ob Sie Bilanzen aufstellen müssen oder nicht, dann gelten für Sie die genannten Bedingungen. Keine Bilanzierungspflicht besteht, wenn Sie

  • ein Gewerbe betreiben, die Umsatz- und Gewinngrenzen nicht überschreiten und nicht im Handelsregister eingetragen sind,
  • einen Land- oder Forstbetrieb führen und die Grenzen für Gewinn und Wirtschaftswert der bewirtschafteten Flächen nicht überschreiten, oder
  • einen freien Beruf ausüben.

Aktuelle Änderung bei der Bilanzierungspflicht

Gerade für kleinere Unternehmen war der 1. Januar 2016 ein wichtiger Tag. Das „Gesetz zur Entlastung der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie“ soll getreu seinem Namen kleine und mittlere Unternehmen entlasten, in dem es bürokratischen Hürden abbaut. Dies Gesetz legte auch neue Umsatz- und Gewinngrenzen zur Bilanzierungspflicht fest: Zuvor lagen die Beträge bei 500.000 Umsatz und 50.000 Euro Gewinn, jetzt bei 600.000 und 60.000 Euro.

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