Six-Sigma-Methode: Wie sie funktioniert und was sie bewirkt

Six Sigma ist eine Methode zur Prozessoptimierung und zum Qualitätsmanagement in Unternehmen. Sie wurde in den 1980er-Jahren von Motorola entwickelt. Das Besondere an Six Sigma ist seine mathematische Herangehensweise: Mithilfe von Kennzahlen wird die Performanz von Prozessen messbar. Man stellt Kausalzusammenhänge fest, um die Prozesse dann mit verschiedenen Methoden zu verbessern und Fehlerquoten zu reduzieren.

Erfahren Sie, auf welchen mathematischen Gesetzmäßigkeiten die Six-Sigma-Methode basiert, wie sie in der Unternehmenspraxis angewendet wird, welche Erfolgsfaktoren wirken und in welchem Verhältnis sie zu anderen bekannten Management-Methoden wie dem Lean Management steht.

Was ist Six Sigma?

Der Name erklärt das Prinzip der Methode: Der griechische Buchstabe Sigma bezeichnet in der Mathematik die Standardabweichung einer Gaußschen Normalverteilung, und 6 ist in diesem Zusammenhang ein besonders guter Wert.

Bei Unternehmensprozessen wird nicht immer genau das angestrebte Ergebnis erreicht, sondern es kommt wie bei der Gaußschen Normalverteilung zu einer Variation. Diese Streuung bzw. die Anzahl der Fehler in einem Prozess kann als Sigma-Niveau quantifiziert werden. Je geringer die Streuung, desto besser die Performanz des Prozesses und desto höher der erreichte Sigma-Wert.

Ein Niveau von 6, also ein Six Sigma, entspricht dabei mit nahezu 0 der bestmöglichen Fehlerquote. In diesem Fall liegt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Produkt fehlerhaft ist, bei 0,00034 Prozent. Zur Einordnung: In den meisten Unternehmen liegt der Sigma-Wert bei 3 bis 4.

Definition: Six Sigma

Six Sigma (auch: 6 Sigma) bündelt als Prozess- und Qualitätsmanagement-Ansatz verschiedene Methoden, die Unternehmen helfen sollen, ihre Produkte zu verbessern und Fehler zu reduzieren, sodass sie Kosten senken und höhere Gewinne erzielen können.

Vorteile von Six Sigma für Unternehmen

Im Zentrum von 6 Sigma steht die Reduzierung der Fehlerquote. Doch Unternehmen, die ihre Organisation nach den Prinzipien umstrukturieren, profitieren von weiteren – teils indirekten – Vorteilen. Fünf zentrale Vorteile werden im Zusammenhang mit Six Sigma meistens genannt:

  1. Nachhaltigkeit: Die Methoden ermöglichen nachhaltigen Erfolg. Denn die Prozesse sind klar strukturiert und bieten eine Basis, um kontinuierlich zu korrigieren und mit den veränderten Rahmenbedingungen des Marktes Schritt zu halten.
     
  2. Kundenzufriedenheit: 6 Sigma legt großen Wert auf die Kundenperspektive. Denn nur wenn Unternehmen die Wünsche ihrer Kunden verstehen, können sie überhaupt auf Prozessergebnisse hinsteuern, die wirtschaftlichen Erfolg bedeuten.
     
  3. Wertsteigerung: Die Umsetzung der Six-Sigma-Prinzipien erhöht den Wert des Unternehmens für den Kunden. Durch die Einführung von Messgrößen können Kundenwünsche konkreter verstanden und gezielt erreicht werden.
     
  4. Unternehmenskultur: Gelingt die Integration von 6 Sigma in die Organisation, führt dies zu einer besseren Kommunikation zwischen Managern und Mitarbeitern, da sie über das Six-Sigma-Modell eine einheitliche Sprache sprechen.
     
  5. Lernende Organisation: Die Verbreitung von Wissen innerhalb einer Organisation spielt eine wichtige Rolle in 6 Sigma. Der Gedanke von lebenslangem Lernen ist in der Methode verankert und entspricht den Anforderungen, denen Unternehmen heute angesichts von globalem Wettbewerb und Digitalisierung genügen müssen.

Wie funktioniert die Anwendung in der Unternehmenspraxis?

Die Six-Sigma-Methode umfasst eine Vielzahl verschiedener Management-Techniken zur Qualitäts- und Prozessoptimierung. Die Gesamtheit wird häufig unter dem Schlagwort Six Sigma Toolkit zusammengefasst.

Das bekannteste und wichtigste Instrument ist das Fünf-Phasen-Modell, das auch als DMAIC-Zyklus bezeichnet wird:

Define (Definieren) In der ersten Phase identifiziert man den zu verbessernden Prozess und dokumentiert Problem und Prozess. Anschließend bestimmt man die Zielgrößen und den Projektscope, also was Bestandteil der Analyse sein soll und was nicht.
Measure (Messen) In der zweiten Phase wird jedes für das Prozessergebnis relevante Qualitätsmerkmal mit verschiedenen Methoden untersucht, um die aktuelle Performanz zu erheben.
Analyze (Analysieren) In der dritten Phase werden die Ursachen und die kausale Kette für das Problem herausgearbeitet.
Improve (Verbessern) In der vierten Phase wird nun der Prozess verbessert – mit verschiedenen auch außerhalb von 6 Sigma angewandten Methoden.
Control (Überwachen) In der fünften und finalen Phase wird der veränderte Prozess mithilfe statistischer Auswertung überwacht, um eine nachhaltige Verbesserung sicherzustellen.

Das Fünf-Phasen-Modell kann abgewandelt auch für neue Prozesse verwendet werden. Die Phase „Improve“ wird dann durch „Engineer“ (Entwickeln) ersetzt – anhand der Untersuchungsergebnisse etabliert man also einen neuen Arbeitsablauf.

Innerhalb eines Six-Sigma-Verbesserungsprojekts übernehmen Mitarbeiter unterschiedliche Rollen. Da es zu den zentralen Prinzipien der Methode gehört, dass jedem Projektbeteiligten seine Aufgaben klar sind, wurden hierarchisch kategorisierbare Rollen mit unterschiedlichen Verantwortlichkeiten definiert.

Ihre Bezeichnungen sind angelehnt an die im asiatischen Kampfsport verbreiteten Gürtel: gelb, grün, schwarz, schwarzer Meistergürtel und Champion. Für jeden Gürtel können Manager und Mitarbeiter eine Zertifizierung ablegen.

Gelber Gürtel: Der gelbe Gürtel ist die Einstiegszertifizierung und bietet einen Überblick über die Grundlagen von 6 Sigma. Gelb zertifizierte Mitarbeiter sind Unterstützer in Projekten. Meist handelt es sich um Experten in einem Fachbereich oder aber um Manager, die zukünftig weitere Zertifizierungen erwerben wollen.

Grüner Gürtel: Wer die Zertizifierung des grünen Gürtels abgelegt hat, verfügt über tiefergehende methodische Kenntnisse und ist in der Lage, einen eigenen Verantwortungsbereich in einem Six-Sigma-Projekt zu leiten.

Schwarzer Gürtel: Inhaber des schwarzen Gürtels leiten komplexe 6-Sigma-Projekte und verfügen über tiefe fachliche Expertise sowie hohe Sozialkompetenz, um große Veränderungsprozesse umzusetzen. Sie sind maßgeblich für den Erfolg des Projekts verantwortlich und fungieren auch als Motivator für Manager der niederrangigeren Gürtel.

Schwarzer Meistergürtel: Wer den Meistergürtel trägt, hat – in Abstimmung mit der Geschäftsführung – Prozessverantwortung und kümmert sich um die strategische Ausrichtung von 6 Sigma innerhalb der Organisation. Er ist mit der Qualifikation von Mitarbeitern betraut und legt Six-Sigma-Standards im Unternehmen fest.

Champion: Der Champion, auch Sponsor genannt, stammt aus dem mittleren oder oberen Management und ist nicht in das Tagesgeschäft der Projekte eingebunden. Er wählt Projekte aus, initiiert und überwacht sie und steht den Projektakteuren in jeder Projektphase als Unterstützer zur Seite.

Erfolgsfaktoren für die Einführung von Six Sigma

Ob eine Einführung von Six Sigma gelingt, hängt von vielen Faktoren ab. Antony und Banuelas haben die wichtigsten kritischen Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Umsetzung zusammengetragen. In absteigender Reihenfolge sind dies:

  1. Management-Einbindung
  2. Methodenkenntnis
  3. Anbindung an die Unternehmensstrategie
  4. Verbindung zum Kunden
  5. Auswahl des Projekts
  6. organisatorische Infrastruktur
  7. Veränderung der Unternehmenskultur
  8. Projektmanagement-Know-how der beteiligten Akteure
  9. Verbindung zu Lieferanten
  10. Training der Projektbeteiligten in der Six-Sigma-Methode
  11. Anbindung an die Personalplanung

Six Sigma vs. Lean Management

Für Einsteiger in die Materie kommt früher oder später die Frage auf, wie sich Six Sigma von Lean Management unterscheidet, ob es Überschneidungen oder Kombinationsmöglichkeiten gibt. Tatsächlich wurde ein Lean Six Sigma entwickelt, das Six Sigma mit Elementen des Lean Management anreichert.

In ihrer Ursprungsform sind beide Methoden jedoch durchaus unterschiedlich, auch wenn sie beide der Prozessoptimierung dienen. Sie widersprechen sich dabei nicht, sondern lassen sich je nach Unternehmenserfordernissen kombiniert anwenden.

  Six Sigma Lean Management
Schwerpunkt Fehler eliminieren, Effektivität Verschwendung vermeiden, Effizienz
Anspruch große Veränderungen, beste Lösung inkrementelle Veränderungen, schnelle Lösung
Umsetzung projektgetrieben eventorientiert
Vorgaben vom Management von unterschiedlichen Stakeholdern
Wichtiger Erfolgsmesser Kostenersparnis Zeitersparnis
Rahmenbedingungen Verschiedene definierte Rahmenbedingungen Wenige Rahmenbedingungen
Tools Zahlreiche einfache und komplexe Tools Wenige Tools

Lean Six Sigma verbindet den Fokus auf Schnelligkeit aus dem Lean Management mit dem Anspruch an höchste Qualität von Six Sigma. Seit der Jahrtausendwende wird dieser kombinierte Ansatz in Management-Trainings vermittelt. Dabei werden Prozesse nach dem Six-Sigma-Ansatz in fünf Phasen gegliedert, wobei in jeder Phase darauf geachtet wird, Verschwendung zu minimieren. Darüber hinaus findet eine weitere Integration von Lean-Techniken statt, die auf die individuellen Anwendungsfälle zugeschnitten sind.

Geschichte und Verbreitung von Six Sigma

Six Sigma wurde in den 1980er-Jahren von Motorola in den USA erdacht, um die Fehlerquote in der Produktion zu minimieren. Nach und nach übernahmen andere Global Player wie Kodak, ABB oder IBM die Methode und entwickelten sie weiter. Den Durchbruch schaffte Six Sigma dann in den 1990er-Jahren, nachdem Jack Welch 1996 Six Sigma bei General Electrics einführte und damit sehr erfolgreich war.

6 Sigma wurde zunächst nur in der Fertigungsindustrie eingesetzt. Mittlerweile ist der Ansatz aber auch im Dienstleistungssektor verbreitet.

Um das Jahr 2000 begannen Unternehmen Six Sigma mit Lean Management zu kombinieren. Diese Strategie wird mittlerweile mit Begriffen wie „Lean Sigma“, „Six Sigma + Lean“ oder „Lean Six Sigma“ beschrieben.

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