Scheinkaufmann nach HGB – Alles was Sie wissen müssen

Der Scheinkaufmann gehört zweifelsohne zu den ungewöhnlicheren Begriffen, die sich im deutschen Recht finden lassen. Aber was macht so einen „Nichtkaufmann“ eigentlich aus? Und welche Folgen hat es, wenn man mit ihm Geschäfte macht? Die wichtigsten Fakten für Sie zusammengefasst.

Was ist ein Scheinkaufmann? Eine Definition

Ein Scheinkaufmann ist ein Individuum, das:

Diesen Eindruck erzeugt er zum Beispiel, indem er in Vertragsverhandlungen ausdrücklich behauptet, Kaufmann zu sein oder eine nicht registrierte Tätigkeit (etwa als Hobby-Mechaniker) als Gewerbe bezeichnet. Übliche Taktik von Scheinkaufmännern ist auch, in der Geschäftskorrespondenz einen professionell erscheinenden Briefkopf und Firmennamen zu verwenden oder mit seriös erscheinenden Werbebroschüren und Zeitungsinseraten zu werben.

Zwar ist es durchaus denkbar, dass ein junger Gründer angesichts mangelnder Erfahrungen schlicht versäumt hat, seinen kaufmännischen Gewerbebetrieb im Handelsregister anzumelden. Meist sind es jedoch die mit der Eintragung verbundenen Hürden (z. B. die mit einigen Rechtsformen verbundenen Kosten), die jemanden dazu verleiten, als Scheinkaufmann aktiv zu werden. Manch einer will auch einfach von den Vorteilen der Kaufmannseigenschaft profitieren (z. B. dem Werbeeffekt gegenüber Kunden und Vertragspartnern), ohne die damit einhergehenden rechtlichen Pflichten auf sich nehmen (wie beispielsweise die ordnungsgemäße Buchführung oder den höheren Grundbeitrag für die IHK).

Vom Scheinkaufmann zu unterscheiden sind die folgenden Kaufmanns-Typen:

  • Der Istkaufmann betreibt einen tatsächlichen kaufmännischen Gewerbebetrieb und ist im Handelsregister eingetragen.
     
  • Als Kannkaufmann bezeichnet man solche Personen, die freiwillig ein Gewerbe anmelden, obwohl sie nicht zu einer Handelsregistereintragung verpflichtet wären (z. B. Kleingewerbebetreibende).
     
  • Der Formkaufmann ist wiederum keine Einzelperson, sondern eine Rechtsform, unter die zum Beispiel Personengesellschaften, Kapitalgesellschaften und eingetragene Genossenschaften fallen können.
     
  • Ein Fiktivkaufmann ist ein Unternehmer, dessen Firma längst nicht mehr existiert, der aber immer noch im Handelsregister eingetragen ist.

Was passiert, wenn ich mit einem Scheinkaufmann Geschäfte mache?

Die Geschäftsbeziehungen zu Scheinkaufmännern sind anders als die zu den anderen Kaufmannsarten nicht explizit im Handelsgesetzbuch geregelt. Denn dies bezieht sich nur auf solche Fälle, bei denen eine Handelsregistereintragung durchgeführt wurde (gemäß § 5 HGB). Der Gesetzgeber hat jedoch anderweitige Vorkehrungen getroffen, um die Sicherheit im Rechtsverkehr (weitestgehend) zu gewährleisten:

So gilt der Scheinkaufmann gemäß allgemeinem juristischen Verständnis als Sonderfall des sogenannten Rechtsscheingedankens, der auf dem Grundsatz von Treu und Glauben basiert (Siehe hierzu § 242 BGB). In diesem Zusammenhang bilden die Zurechenbarkeit eines Rechtsscheins sowie die besondere Schutzbedürftigkeit von Dritten wichtige Sachverhalte. Im Folgenden werden wir die einzelnen Begriffe genauer erklären.

Rechtsscheingedanke

Der Rechtsschein spielt unter anderem bei Vollmachtsfragen, Eigentümer-Besitzer-Verhältnissen und im Handels- und Gesellschaftsrecht eine Rolle.

Trotz seines Namens ist er jedoch de facto kein Recht und gewährt auch kein solches – mit dem Begriff wird lediglich der äußerliche Anschein eines in der Realität nicht existierenden Rechts bezeichnet. In unserem Kontext verfügt also der Scheinkaufmann nur über einen Rechtsschein, während Dritte (z. B. Kunden) mitunter fest darauf vertrauen, dass ein tatsächlicher Rechtsstatus vorliegt.

Treu und Glauben

In vielen Fällen werden Kunden und Geschäftspartner bei einem nachweisbaren Rechtsschein gesetzlich geschützt, sodass für sie keine negativen Konsequenzen aus einer Interaktion mit dem Scheinkaufmann resultieren. In gewisser Hinsicht sorgt der Rechtsschein also für Kunden und Geschäftspartner tatsächlich für Rechtssicherheit, da der Gesetzgeber ihnen dieselben Rechte zuordnet, als hätten sie mit einem tatsächlichen Rechteinhaber eine Geschäftsbeziehung aufgenommen. In einigen Situationen kann daher sogar ein Rechtserwerb stattfinden, obgleich der Scheinkaumann diesen strenggenommen gar nicht ermöglichen darf.

Ein Beispiel: Eine Person verkauft ein Grundstück. Zwar ist sie im Grundbuch eingetragen, aber tatsächlich nicht der rechtliche Eigentümer des Grundstücks. Wird dies nun von einem gutgläubigen Dritten gekauft, erwirbt selbiger trotzdem das volle Eigentum. Man spricht hierbei vom „Guten Glauben“ oder einem „gutgläubigen Eigentumserwerb“ (§ 892 BGB). Die wirklichen Verhältnisse werden also mit der gesetzlichen Vermutung gleichgesetzt – man spricht infolgedessen von einer „Rechtssscheinentsprechung“.

Zurechenbarkeit

Vor allem die Vorschriften § 171 BGB, § 405 BGB und § 409 BGB stützen dieses Prinzip von Treu und Glauben. Dieses spiegelt den Grundsatz wider, dass eine Person (hier: der Scheinkaufmann), die „in zurechenbarer Weise“ über einen Rechtsschein verfügt, weniger schützenswert ist als der gutgläubige Dritte.

Ein Rechtsschein ist einem Scheinkaufmann immer dann zurechenbar, wenn dieser als „geschäftsfähig“ eingestuft werden kann (also insbesondere volljährig und im vollen Besitz seiner geistigen Kräfte ist) und einem Dritten gegenüber verbal oder schriftlich versichert, Kaufmann kraft Eintragung zu sein. Ebenso ist die Zurechenbarkeit gegeben, wenn etwa ein Immobilienmakler einem Kunden gegenüber behauptet, der Wohnungseigentümer sei Kaufmann. Widerspricht der Wohnungseigentümer dieser Behauptung nicht, ist ihm der entstehende Rechtsschein zuzurechnen.

Schutzbedürftigkeit

In diesem Zusammenhang stellt sich vor allem die Frage nach der Haftung im Geschäftsverkehr. Auch diese wird im Sinne des Rechtsscheingedankens und dem Grundsatz von Treu und Glauben folgend beantwortet: Gibt eine Person nämlich fälschlicherweise vor, ein Kaufmann zu sein, muss sie sich von Dritten auch als solcher behandeln lassen.

Das bedeutet nichts anderes, als dass ein Scheinkaufmann auch den Pflichten nachkommen muss, denen ein eingetragener Kaufmann nachkommen müsste. Gleichzeitig hat er aber keinerlei Ansprüche auf die mit dem Kaufmann-Status verbundenen Vorzüge. Auch im Streitfall muss der Scheinkaufmann sämtliche negative Konsequenzen selbst tragen. Dritte wiederum werden davor durch zahlreiche Gesetze geschützt. Voraussetzung dieser Schutzbedürftigkeit ist aber, dass der Dritte gutgläubig auf den vom Scheinkaufmann verfügten Rechtsschein eingegangen ist, also nicht von der fehlenden Kaufmannseigenschaft seines Gegenübers wusste. Andernfalls verfällt die Sorgfaltspflicht.

Übrigens ist das Auftreten als Scheinkaufmann per se kein Strafbestand. Eine Person kann sich aber durchaus strafbar machen, indem sie mit einer vorgegaukelten Kaufmannseigenschaft gegenüber Dritten betrügerische Absichten verfolgt.

Fazit: Dritte werden geschützt

Steckt ein Scheinkaufmann viel Arbeit in seine Tarnung als professioneller Gewerbetreibender, ist er für Dritte nur schwer zu entlarven. Und es kann durchaus mit kann durchaus mit einigen Unannehmlichkeiten verbunden sein, auf diese Art der Täuschung hereinzufallen. Sie können aber darauf vertrauen, dass das Gesetz im Streitfall auf Ihrer Seite ist. Denn ein illegitimer Rechtsschein wirkt sich vor Gericht immer zulasten des Scheinkaufmanns aus.

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