Zeitmanagement mit der ALPEN-Methode: Beispiel und Anleitung

Zeitmanagement ist immer auch Selbstmanagement: Nur wenn man über ein gewisses Maß an Disziplin und Organisationsvermögen verfügt, hat man die Chance, das Beste aus seinem Tag herausholen. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, fehlt nur noch ein guter Plan. Die ALPEN-Methode gehört wohl zu den populärsten und gleichzeitig einfachsten Zeitmanagement-Konzepten. Alles was Sie einsetzen müssen, sind ein paar Minuten Ihrer Zeit – und schon geht es jedem noch so großen Workload an den Kragen.

Was ist die ALPEN-Methode?

Die ALPEN-Methode ist ein Konzept des Zeitmanagements. Darunter versteht man alle Maßnahmen, die dazu dienen, den Verlauf eines (Arbeits-)Tages so zu strukturieren, dass die zur Verfügung stehende Zeit möglichst produktiv genutzt werden kann.

Geistiger Schöpfer der ALPEN-Methode ist der für sein Lebenswerk ausgezeichnete deutsche Ratgeberautor und Redner Lothar J. Seiwert, der im Anschluss an seine Promotion in Wirtschaftswissenschaften und seine langjährige Arbeit im Personal- und Bildungswesen mit dem Buch „Das 1x1 des Zeitmanagement“ von sich reden machte.

Die Grundidee der ALPEN-Methode besteht darin, jeden Tag wenige Minuten seiner Zeit für die Erstellung eines schriftlichen Tagesplans aufzuwenden, um langfristig produktiver und stressfreier arbeiten zu können. Dieser Vorgang unterteilt sich in fünf Arbeitsschritte.

Die fünf Arbeitsschritte der ALPEN-Methode

Der Begriff „ALPEN“ hat nichts mit dem bekannten Hochgebirge zu tun, sondern ist ein Akronym für die fünf Arbeitsschritte, die das Konzept bei der Tagesplanung vorgibt: Aufgaben definieren, Länge schätzen, Pufferzeiten einplanen, Entscheidungen treffen und Nachkontrolle.

Aufgaben definieren

Im ersten Schritt schreiben Sie alle zu erledigenden Arbeiten, auch kleine Angelegenheiten und einfache Routineaufgaben, ungeordnet in eine To-do-Liste.

Dies sollte im Idealfall noch am Vorabend geschehen, da Sie die ersten drei Stunden am nächsten Morgen nicht fürs Zeitmanagement opfern sollten – diese gelten laut Forschung nämlich als produktivste Zeit des Tages. Denken Sie auch daran, jene Aufgaben in die Liste aufzunehmen, die vom vorangegangenen Tagesplan übriggeblieben sind.

Länge schätzen

Mit der Länge ist die Zeit gemeint, die für die Erledigung einer Aufgabe voraussichtlich nötig ist. Wichtig hierbei ist, den jeweiligen Aufwand realistisch einzuschätzen, also lieber zu viel als zu wenig Zeit einzuplanen. Terminierte Aktivitäten wie Meetings und Telefonate sollten Sie samt den dazugehörigen Uhrzeiten notieren. Zudem ist es förderlich für die Produktivität, wenn Sie für Ihre Aufgaben auch konkrete Deadlines festlegen.

Indem Sie schließlich die Summe Ihrer Zeitangaben mit der insgesamt verfügbaren Zeit vergleichen, können Sie bereits absehen, ob Ihr Pensum an einem Tag überhaupt zu schaffen ist.

Pufferzeiten einplanen

Ein besonderes Merkmal der ALPEN-Methode, das in anderen Zeitmanagement-Konzepten oft vernachlässigt oder gar vergessen wird, ist die Einplanung ausreichender Pufferzeiten. Dieser Schritt basiert auf dem Gedanken, dass Ablenkungen, Verzögerungen und Unterbrechungen während der Arbeit kaum bzw. nicht vermeidbar sind. So hat vielleicht ein Kollege eine dringende Frage an Sie, ein Meeting dauert länger als geplant oder ein Gesprächstermin wird überraschend vorgezogen. Haben Sie dann nicht genügend Zeit in Reserve, kommt schnell Ihre gesamte Tagesplanung durcheinander.

Seiwert empfiehlt für Pufferzeiten folgende Richtwerte: Lediglich 60 Prozent Ihrer Zeit sollten Sie konkret verplanen, der Rest wird zu gleichen Teilen für soziale Aktivitäten und unerwartete Ereignisse reserviert. Trotzdem kann es vorkommen, dass die zur Verfügung stehende Zeit einfach nicht ausreicht, um all Ihre Aufgaben an einem Tag zu erledigen, etwa weil Ihre Leistungskurve abnimmt oder weil Sie in die gefürchtete Prokrastinationsfalle tappen. Daher gehört zu einer realistischen Tagesplanung auch, an ausreichend Pausenzeiten zu denken.

Entscheidungen treffen

Dies ist der kritischste und zugleich schwierigste Arbeitsschritt der ALPEN-Methode. Jetzt müssen Sie nämlich entscheiden, welche Aufgaben unbedingt erledigt werden müssen, welche Sie an andere Mitarbeiter delegieren, welche hintenangestellt werden und welche Sie getrost streichen können. Kurz: Sie müssen Prioritäten setzen.

Hierbei können Ihnen verschiedene Methoden helfen:

  • Das Pareto-Prinzip, das besagt, dass sich mit 20 Prozent des Gesamteinsatzes 80 Prozent des geplanten Ergebnisses erreichen lässt.
  • Die Eisenhower-Matrix, mit der Sie Ihre Aufgaben nach den Kriterien „Dringlichkeit“ und „Wichtigkeit“ in vier unterschiedliche Prioritätskategorien einordnen können.
  • Die ABC-Analyse, quasi eine vereinfachte Version des Eisenhower-Prinzips, bei der Ihr Workload nur in drei Kategorien mit absteigender Relevanz unterteilt wird.

Nachkontrolle

Die Nachkontrolle erfolgt am Ende jedes Arbeitstages, und zwar im Zuge der Planung für den nächsten Tag.

Nun ziehen Sie Bilanz:

  • Haben Sie all Ihre Ziele erreicht?
  • Welche Aufgaben haben Sie nicht geschafft und warum?
  • Waren die veranschlagten Zeiträume und Pufferzeiten ausreichend?

Ihre Erfahrungswerte sollten Sie in zukünftige Planungen einfließen lassen, um Ihr Zeitmanagement stetig zu verbessern.

Anwendung der ALPEN-Methode: Ein Beispiel

In unserem beispielhaften Szenario arbeiten Sie als Marketing-Experte auf 8-Stunden-Basis in einer Online-Agentur. Abgesehen von gelegentlicher Interaktion und Kommunikation mit den Kollegen können Sie Ihre Arbeitszeit relativ frei gestalten. Sie nutzen die ALPEN-Methode nun schon seit einer Woche und haben sich mit dem Konzept vertraut gemacht. Als Resultat können Sie Ihre vergangenen Erfahrungen in die heutige Zeitplanung einfließen lassen.

Für den morgigen Dienstag notieren Sie sich folgende Aufgaben, Aktivitäten und Termine in einer nichtchronologischen To-do-Liste:

  • Blog-Post schreiben
  • E-Mail-Korrespondenz erledigen
  • Allwöchentliches Teammeeting
  • Projekt-Pitch für Mittwoch vorbereiten
  • Von gestern übriggeblieben: Excel-Tabellenvorlagen für Arbeitszeiterfassung erstellen

Anschließend schätzen Sie den Zeitaufwand für die einzelnen Aufgaben. Ihre Erfahrungen aus der letzten Woche sind Ihnen dabei von großem Nutzen. Beispielsweise wissen Sie, dass das wöchentliche Teammeeting immer etwas länger dauert als die veranschlagten 30 Minuten, weil sich die Kollegen gerne mal zum trivialen Smalltalk hinreißen lassen – 1 Stunde als Zeitrahmen ist da deutlich realistischer.

Zusammen mit den entsprechenden Terminangaben und Deadlines sieht Ihre Liste nun so aus:

  • Blog-Post schreiben (2 Stunden, Deadline: Mittwoch)
  • E-Mail-Korrespondenz erledigen (30 Minuten)
  • Allwöchentliches Teammeeting (9 Uhr, 1 Stunde)
  • Projekt-Pitch für Mittwoch vorbereiten (5 Stunden, Deadline: 16 Uhr)
  • Von gestern übriggeblieben: Excel-Tabellenvorlagen für Arbeitszeiterfassung erstellen (1 Stunde und 30 Minuten, Deadline: 12 Uhr)

Indem Sie Ihre Angaben zusammenrechnen, kommen Sie auf einen Zeitaufwand von insgesamt 10 Stunden. Um alles an einem Tag zu schaffen, müssten Sie also Überstunden machen. Darin sind aber noch nicht Ihre Pausenzeiten (1 Stunde) und die empfohlenen Pufferzeiten einberechnet. Letztere müssten bei einem 8-Stunden-Arbeitstag etwa 3 Stunden und 20 Minuten betragen. Hier tut sich ein klarer Konflikt auf, der Sie dazu aufruft, Prioritäten zu setzen.

Indem Sie ein Priorisierungskonzept wie etwa die Eisenhower-Matrix anwenden, bringen Sie Ihre Aufgaben entsprechend ihrer Dringlichkeit und Wichtigkeit in eine chronologische Reihenfolge:

  • E-Mail-Korrespondenz erledigen (30 Minuten)
  • Puffer (30 Minuten)
  • Allwöchentliches Teammeeting (Termin: 9 Uhr, 1 Stunde)
  • Projekt-Pitch für Mittwoch vorbereiten (5 Stunden, Deadline: 16 Uhr)
  • Mittagspause um 12 Uhr
  • Puffer (1 Stunde)
  • Delegieren: Excel-Tabellenvorlagen für Arbeitszeiterfassung erstellen
  • Auf morgen verschieben: Blog-Post schreiben

Und so begründen Sie Ihre Entscheidungen:

Der Projekt-Pitch ist die anspruchsvollste Aufgabe, weshalb Sie sie am besten gleich am Morgen erledigen sollten. Da Sie jedoch erst um 8:00 Uhr zur Arbeit antreten und das Teammeeting Ihren Workflow unterbrechen würde, planen Sie, erst danach damit anzufangen. Vor dem Meeting erledigen Sie also Ihre E-Mail-Korrespondenz und haben im Anschluss eine halbe Stunde Puffer für einen Plausch mit den Kollegen – dann wird vielleicht im Teammeeting nicht so viel Zeit vertrödelt. Zudem entscheiden Sie sich, die Erstellung der Excel-Tabellenvorlagen an einen Kollegen zu delegieren, da Sie sich nicht zwingend persönlich darum kümmern müssen.

Vor und nach dem Mittagessen haben Sie genügend Zeit für die Arbeit am Projekt-Pitch, sodass Sie bis 16 Uhr damit fertig werden können. Eine zusätzliche Stunde Puffer reicht zwar nicht annähernd an die empfohlenen Richtwerte heran, sorgt aber für eventuelle Unterbrechungen vor. Da Sie pünktlich um 17 Uhr Feierabend machen wollen, um Ihr Kind vom Kindergarten abzuholen, fällt der Blog-Post leider hinten runter, sodass Sie ihn in den nächsten Tagesplan verschieben – die Deadline ist zum Glück erst einen Tag später.

Vorteile und Nachteile der ALPEN-Methode

Lothar J. Seiwerts ALPEN-Methode kann ein nützliches Werkzeug für Ihre Tagesplanung sein. Alles in allem bietet sie Ihnen folgende Vorzüge:

  • Sehr einprägsam und leicht zu erlernen
  • Visualisierung aller zu erledigenden Aufgaben schafft Übersicht
  • Mehr Produktivität durch relativ feste Zeiteinteilung
  • Flexibilität durch Einplanung von Pufferzeiten
  • Konsequente Priorisierung von Aufgaben
  • Schnelle Erfolgserlebnisse, weniger Stress
  • Lerneffekte, z. B. bei der Einschätzung des Zeitaufwands

Die ALPEN-Methode hat aber auch ein paar Nachteile:

  • Während der Eingewöhnungsphase recht zeitaufwendig
  • Eher für selbstständige Einzelarbeit gedacht
  • Anwendung schwierig, wenn einzelne Arbeitsschritte (z. B. Zeitplanung, Entscheidungsfindung) von anderen Kollegen bzw. Vorgesetzten abhängig sind – daher nur bedingt für Teamarbeit anwendbar
  • 40 Prozent Puffer in der Praxis kaum realisierbar, da verplante Aufgaben oft schon die ganze verfügbare Zeit beanspruchen

Fazit: Ist die ALPEN-Methode etwas für Sie?

Es existieren viele Zeitmanagement-Konzepte, von denen die meisten auf ähnlichen Prinzipien beruhen und sich nur im Detail voneinander unterscheiden. Welche für Sie die richtige ist, hängt daher ganz von Ihrer persönlichen Präferenz ab.

Die ALPEN-Methode ist insbesondere dann für Sie geeignet, wenn Sie dazu neigen, sich zu verzetteln und den Überblick über Ihre Aufgaben zu verlieren. Ob Sie Ihr Problem tatsächlich damit lösen können, finden Sie nur im Selbsttest heraus.

Werfen Sie aber nicht schon nach einem Tag die Flinte ins Korn, sondern nehmen Sie sich mindestens zwei Wochen Zeit – denn erst durch Gewöhnung und die schrittweise Optimierung der Arbeitsschritte kann die ALPEN-Methode ihr volles Potenzial entfalten.

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