Was ist degressive Abschreibung?

Das Prinzip von Abschreibungen zu verstehen und die wichtigsten steuerlichen Regeln zu kennen, ist für viele Gründer zunächst eine Herausforderung. Ist das geschafft, stellt sich schon bald die Frage nach der günstigsten Abschreibungsart. Die degressive Abschreibung bietet vor allem neu gegründeten Unternehmen Vorteile, da die Abschreibungsbeträge in den ersten Jahren deutlich höher sind als bei der linearen Abschreibung.

Allerdings ist die degressive Abschreibung seit dem 1. Januar 2011 nicht mehr zulässig. Zuvor war sie bis zum 31. Dezember 2007 erlaubt, wurde dann abgeschafft und im Zuge der Wirtschaftskrise kurzfristig für alle Investitionsgüter wieder eingeführt, die vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2010 gekauft worden waren. Solch eine Wiedereinführung kann theoretisch auch künftig vorkommen. Aus diesem Grund sollte man als Unternehmer folgende Fragen beantworten können: Was ist degressive Abschreibung, wie funktioniert sie und welche Vorteile bietet sie?

Die degressive Abschreibung – Definition und Erklärung

Die degressive Abschreibung lässt sich auf alle Wirtschaftsgüter anwenden, die in der Zeit angeschafft wurden, in der diese Methode steuerrechtlich zulässig war. Die genauen Angaben dazu finden Sie im Einkommensteuergesetz (EStG) § 7 Abs. 2. Für alle anderen Investitionsgüter können Sie lediglich zwischen der linearen und der leistungsbezogenen Abschreibung wählen.

Die degressive Abschreibung ist nur auf abnutzbare und bewegliche Wirtschaftsgüter eines Unternehmens anwendbar (folglich nicht auf Immobilien). Dazu gehören zum Beispiel:

  • Produktionsmaschinen
  • Büroausstattung
  • Fuhrpark
  • Werks- und Lagereinrichtung
  • Werkzeuge
Definition

Die degressive Abschreibung ist eine Abschreibungsmethode, bei der jedes Jahr ein gleichbleibender Prozentsatz vom Restwert des jeweiligen Investitionsgutes abgeschrieben wird. Damit die Abschreibungsdauer nicht größer als die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des jeweiligen Gutes ist, kann der Restwert im letzten Jahr vollständig abgeschrieben werden. Auch der Wechsel zur linearen Abschreibung ist steuerrechtlich zulässig.

Bei der degressiven Abschreibung sind per Definition also keine gleichbleibenden Abschreibungsbeträge möglich. Die Beträge werden stattdessen mit einem festgelegten Prozentsatz für jedes Jahr neu berechnet. Die Höhe dieses Prozentsatzes ist ebenfalls im EStG geregelt. Zuletzt durfte er nicht höher als 25 Prozent des Buchwertes sein und maximal das 2,5-fache des Prozentsatzes der linearen Abschreibung betragen.

Hinweis

Die Obergrenzen für den Abschreibungsprozentsatz gelten nur für die steuerrechtlichen Abschreibungen, die Sie in Ihrer Bilanz oder der Einnahmenüberschussrechung für das Finanzamt berücksichtigen. Bei Abschreibungen im handelsrechtlichen Sinne sind Sie nicht an diese Höchstgrenzen gebunden.

Da die degressive Abschreibung auf einem Prozentsatz und nicht auf festen Abschreibungsbeträgen basiert, kann der Restbuchwert niemals Null betragen. Da jedes Investitionsgut allerdings nur eine begrenzte Nutzungsdauer hat, muss ein Unternehmen die Möglichkeit haben, es zu einem bestimmten Zeitpunkt vollständig abzuschreiben. Aus diesem Grund ist es üblich, den Restbuchwert im letzten Jahr der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer (ND) als Gesamtbetrag abzuschreiben. Die ND für sämtliche Betriebsgüter ist von Prüfbehörden und Wirtschaftsverbänden festgelegt worden und kann der AfA-Tabelle für allgemein verwendbare Anlagegüter entnommen werden.

Eine weitere Möglichkeit, ein Wirtschaftsgut vollständig abzuschreiben, ist der Wechsel von der degressiven zur linearen Abschreibung, der steuerrechtlich jederzeit erlaubt ist. Ab dem Wechsel wird der Restbuchwert linear auf die verbleibenden Jahre der ND aufgeteilt und dementsprechend abgeschrieben. Üblicherweise wird die Abschreibungsmethode in dem Moment gewechselt, in dem der lineare Abschreibungsbetrag größer ist als der degressive.

Die Vorteile der degressiven Abschreibung

Der größte Vorteil der degressiven Abschreibung wird vor allem im Vergleich zur linearen Abschreibung deutlich. Denn der durch den festgelegten Prozentsatz erreichte Abschreibungsbetrag kann bis zu 2,5 Mal höher sein als der Abschreibungsbetrag bei der linearen Methode. Das ist vor allem steuerlich interessant, denn so lässt sich in den ersten Jahren nach der Anschaffung ein wesentlich höherer Abschreibungsbetrag als Betriebsausgabe von der Steuer absetzen.

Die Investition in neue Maschinen oder andere Güter, die die Betriebsabläufe optimieren, lohnt sich dadurch wesentlich früher. Aus diesem Grund ist die degressive Abschreibung vor allem für neu gegründete Unternehmen oder bei Investitionen interessant, in deren Folge ein deutlicher Gewinnanstieg zu erwarten ist. Das macht die degressive Abschreibung zu einem Mittel der Wirtschaftsförderung. Das belegen auch Krisen der Vergangenheit, als sie beispielsweise für die Jahre 2009 und 2010 vorübergehend wieder eingeführt wurde, um die Folgen der weltweiten Wirtschaftskrise einzudämmen und Investitionen auch für angeschlagene Unternehmen attraktiver zu gestalten.

Beispiel für die Berechnung der degressiven Abschreibung

Die Grundlage zur Berechnung der degressiven Abschreibung bilden die Anschaffungskosten eines Wirtschaftsgutes. Diese setzen sich aus dem Nettobetrag der Anschaffungs- oder Herstellungskosten sowie den eventuellen Zusatzkosten für Installation oder Versand zusammen. Die Umsatzsteuer wird also nicht miteinbezogen. Anschließend wird mithilfe des Abschreibungsprozentsatzes der Abschreibungsbetrag für das erste Jahr ermittelt. Dieser Betrag wird vom ursprünglichen Anschaffungspreis abgezogen. Damit erhalten Sie den Restbuchwert, der den Ausgangswert für die Berechnung des Abschreibungsbetrages im Folgejahr darstellt. Auf diese Weise fahren Sie fort, bis Sie entweder zur linearen Abschreibung wechseln oder im letzten Nutzungsjahr den gesamten Restbuchwert abschreiben.

Die Abschreibung erfolgt monatsgenau. Der Abschreibungsbetrag darf also im ersten Jahr nur für die Monate geltend gemacht werden, in denen das Wirtschaftsgut genutzt wurde.

Wie die degressive Abschreibung in der Praxis erfolgt, verdeutlicht folgendes Beispiel:

Ein Unternehmen investierte im Januar 2010 in eine Abfüllanlage im Wert von 125.000 Euro. Die Nutzungsdauer beträgt laut Afa-Tabelle 10 Jahre. Die Abschreibung erfolgt mit 20 Prozent vom Kaufpreis. Daraus ergeben sich die folgenden Abschreibungsbeträge:

Jahr Abschreibungsbetrag in Euro Restbuchwert in Euro
2010 25.000,00 100.000,00
2011 20.000,00 80.000,00
2012 16.000,00 64.000,00
2013 12.800,00 51.200,00
2014 10.240,00 40.960,00
2015 8.192,00 32.768,00*
2016 6.553,60 26.214,40
2017 5.242,88 20.971,52
2018 4.194,30 16.777,22
2019 3.355,44 13.421,78

* Ab diesem Restbuchwert lohnt sich der Übergang zur linearen Abschreibung, sofern die Methode steuerrechtlich zulässig ist.

An diesem Beispiel lässt sich gut sehen, wie sich die degressive Abschreibung in den ersten Jahren mit deutlich höheren Jahresbeträgen bezahlt macht als die lineare Abschreibung. Während der ersten drei Jahre werden insgesamt 61.000 Euro Abschreibungen als Betriebsausgaben abgezogen. Bei der linearen Abschreibung wären es nur 37.500 Euro. Es wird aber auch deutlich, wie stark sich die Abschreibungsbeträge im Laufe der Jahre verringern und vermutlich irgendwann nicht mehr den tatsächlichen Wertverfall der Anlage widerspiegeln.

Um das zu vermeiden, geht man in der Praxis ab einem bestimmten Zeitpunkt zur linearen Abschreibung über. In unserem Beispiel lohnt sich das ab dem Restbuchwert von 32.768 Euro, der nach dem 6. Geschäftsjahr erreicht wird. Wenn sich der Unternehmer dann für einen Wechsel der Abschreibungsmethode entscheidet, würde sich daraus ab dem Jahr 2016 ein jährlicher Abschreibungsbetrag von 8.192 Euro für die verbleibenden vier Jahre ergeben. Danach ist die Anlage vollständig abgeschrieben.

Falls die Anlage danach weiter im Unternehmen genutzt wird, bleibt 1 Euro als symbolischer Erinnerungswert stehen. Die letzte Abschreibung beläuft sich dann lediglich auf 8.191 Euro.

Fazit

Die degressive Abschreibung stellt besonders in den ersten Jahren nach einer größeren Investition in Betriebsgüter eine finanzielle Entlastung dar, da das Unternehmen durch den höheren Betriebsausgabenabzug Steuern spart. Sie erfordert jedoch einen ständigen Vergleich mit den Beträgen der linearen Abschreibung und eine genaue Beobachtung des tatsächlichen Wertverfalls des betreffenden Gutes, damit im entscheidenden Augenblick zur später vorteilhafteren linearen Abschreibung gewechselt werden kann. Zudem kann die degressive Abschreibung nur dann eingesetzt werden, wenn sie auch nach dem aktuellen Steuerrecht zulässig ist.